VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG

Im Namen des Volkes


Urteil



direkt zur Urteilsbegründung

In der Verwaltungsrechtssache



Michael Csaszkoczy,



gegen



Land Baden-Württemberg,

vertreten durch das Regierungspräsidium Karlsruhe - Schule und Bildung -,

Hebelstraße 2, 76133 Karlsruhe



wegen Einstellung in den Schuldienst



hat der 4. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Brockmann, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Breunig und den Richter am Verwaltungsgerichtshof Feldmann auf die mündliche Verhandlung vom 13. März 2007

für Recht erkannt:



Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 10. März 2006 - 1 K 83/06 - geändert. Der Bescheid des Oberschulamts Karlsruhe vom 25. August 2004 und dessen Widerspruchsbescheid vom 15. November 2004 werden aufgehoben. Der Beklagte wird verpflichtet, den Antrag des Klägers auf Einstellung in den öffentlichen Schuldienst des Landes im Beamtenverhältnis auf Probe unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu bescheiden.



Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.



Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen tragen die Beteiligten je zur Hälfte.



direkt zur Urteilsbegründung

Die Revision wird nicht zugelassen.


Tatbestand



Der Kläger begehrt die Einstellung in den öffentlichen Schuldienst des Landes Baden-Württemberg im Beamtenverhältnis auf Probe.

Der am 06.05.1970 in Heidelberg geborene Kläger ist deutscher Staatsangehöriger. Nach einem Studium an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg im Fach Geschichte mit den Nebenfächern Deutsch und Bildende Kunst bestand er am 03.07.2000 die Erste Staatsprüfung für das Lehramt an Realschulen mit der Note gut (1,5). Mit Wirkung vom 01.02.2001 wurde er unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zum Realschullehreranwärter ernannt. Der Vorbereitungsdienst endete am 24.07.2002 mit dem Bestehen der Zweiten Staatsprüfung für das Lehramt an Realschulen mit der Gesamtnote gut (2,0).

Bereits am 27.02.2002 hatte der Kläger seine Einstellung in den Schuldienst des Landes Baden-Württemberg beantragt. Nach den Kriterien der Bestenauslese in Verbindung mit der Bedarfslage stand er Ende 2003 zur Einstellung als Beamter auf Probe zum 01.02.2004 an. Bereits im Sommer 2003 war dem damals für die Einstellung zuständigen Oberschulamt Karlsruhe vom Innenministerium über das Kultusministerium Baden-Württemberg mitgeteilt worden, nach vorliegenden Erkenntnissen bewege sich der Kläger seit den 1990er Jahren im linksextremen Spektrum des Heidelberger Raumes und sei in die dortige autonome Szene eingebunden. Mit Schreiben des Oberschulamts vom 15.12.2003 wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass nach den dem Amt mitgeteilten Erkenntnissen Zweifel an seiner Verfassungstreue bestünden; es werde deshalb ein vertieftes Einstellungsgespräch für erforderlich gehalten. Unter dem 30.12.2003 teilte das Oberschulamt dem Kläger mit, es werde zunächst über das Innenministerium eine Anfrage an das Landesamt für Verfassungsschutz richten, ob gerichtsverwertbare Tatsachen über ihn vorlägen, die unter dem Gesichtspunkt der Verfassungstreue Bedenken gegen seine Übernahme in den Schuldienst begründeten.

Im vertieften Einstellungsgespräch am 21.04.2004 wurde der Kläger unter anderem zu den vom Innenministerium unter dem 05.02.2004 übermittelten, ihm inzwischen bekannt gemachten Erkenntnissen sowie zu dem auf der Homepage des Autonomen Zentrums in Heidelberg veröffentlichten Selbstdarstellung der Antifaschistischen Initiative Heidelberg (AI HD) „Wir über uns!" befragt. Hierzu nahm der Kläger (auch) schriftlich Stellung.

Mit Bescheid vom 25.08.2004 lehnte das Oberschulamt Karlsruhe den Antrag des Klägers auf Einstellung in den Schuldienst des Landes ab. Aufgrund der Erkenntnisse des Landesamts für Verfassungsschutz, die er im Wesentlichen als zutreffend eingeräumt habe, sowie aufgrund der ebenfalls eingeräumten Tatsache, dass er aktives Mitglied der AI HD sei, verblieben Zweifel an seiner Verfassungstreue. Dies insbesondere auch, weil der Kläger sich ausdrücklich zur Militanz als „legitimem Mittel im Kampf um die Befreiung" und zu den Zielen dieser Organisation aktiv bekenne. Die AI HD stelle sich selbst als eine Gruppe dar, die davon überzeugt sei, dass sich auf parlamentarischem Weg an den herrschenden Unterdrückungsverhältnissen nichts Grundlegendes ändern werde. Bei den Aktivitäten der AI HD sei es mehrfach zu Ausschreitungen gekommen. Da das System der parlamentarischen Demokratie und das Gewaltmonopol des Staates zu den wesentlichen Merkmalen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zählten, seien öffentliche Aktivitäten, die diese freiheitliche demokratische Grundordnung über ein Jahrzehnt hinweg und bis in jüngste Zeit bekämpften, geeignet, Zweifel daran zu begründen, jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes einzutreten. Der Kläger habe diese Zweifel bislang nicht ausräumen können. Ihm mangele es somit an einer unabdingbaren Voraussetzung für die Einstellung in den öffentlichen Schuldienst.

Den Widerspruch des Klägers vom 29.08.2004 wies das Oberschulamt Karlsruhe mit Widerspruchsbescheid vom 15.11.2004 zurück. Dabei nahm es Bezug auf die folgenden Erkenntnisse (wobei die Nummerierung des Bescheides beibehalten wird):

3. Am 23.03.1997 sei es im Rahmen eines Treffens von Angehörigen der „Antifaschistischen Jugendaktion Heidelberg" und des „Antifaschistischen Aktionsbündnisses Rhein-Neckar" in Laudenbach zu einer „Outing-Aktion" der dort lebenden „Rechtsextremistin" gekommen. Während dieser Aktion seien Flugblätter und Handzettel verteilt sowie an Gebäuden und Verkehrszeichen angebracht worden. Nach Beendigung der Aktion hätten sich mehrere Teilnehmer zum Bahnhof Laudenbach begeben. Dort sei durch die Polizei eine Personalienfeststellung von 23 Tatverdächtigen erfolgt, wobei die Personalien des Klägers erhoben worden seien.

4. Am 01.12.1999 habe der Kläger an der Übergabe des als „Autonomes Zentrum" genutzten Gebäudes Alte Bergheimer Straße 7 in Heidelberg an die Stadt Heidelberg teilgenommen. Bei den anschließenden Abrissarbeiten seien aus der Menge der Teilnehmer heraus einige Steine und Flaschen in Richtung des Abrissbaggers geworfen worden, wobei eine Seitenscheibe des Baggers beschädigt worden sei.

5. Am 05.06.1999 habe der Kläger beim Amt für öffentliche Ordnung Heidelberg eine Demonstration gegen die „Kriegspolitik der NATO und der BRD" für den 10.07.1999 in der Innenstadt von Heidelberg angemeldet.

6. Vor der Jugendarrestanstalt Wiesloch hätten der Kläger und weitere Angehörige der autonomen Szene Heidelberg am 16.09.1999 demonstriert. Anlass sei die dortige Unterbringung eines Angehörigen der autonomen Szene Heidelberg vom 13. bis 27.09.1999 gewesen. 7. In der Dezemberausgabe 1999 des Stadtmagazins „Meier-Rhein-Neckar-Raum" hätten der Kläger und ein weiterer Angehöriger der autonomen Szene Heidelberg zum Thema „Autonomes Zentrum: Einfach weggelächelt?" Stellung genommen.

9. Am 06.02.2000 hätten zwischen 0.35 Uhr und 2.00 Uhr ca. 300 Angehörige des autonomen Spektrums ein leer stehendes Gebäude der Deutschen Bahn im Bereich des ehemaligen Güterbahnhofs Heidelberg besetzt und eine Party gefeiert. Gegen 5.00 Uhr hätten mehrere Personengruppen das Objekt verlassen. Am Vormittag des 06.02.2000 habe der Leiter der Netzbetriebe Heidelberg Strafantrag gestellt. Gegen 12.00 Uhr hätten auf den Gleisen vor dem leer stehenden Gebäude noch 7 Personen festgestellt werden können, die nicht freiwillig den Bereich verlassen hätten. Die Personalien seien festgestellt worden. Der Kläger sei eine der Personen gewesen. Ein Platzverweis sei ausgesprochen worden.

10. In der Publikation RABATZ 01 vom 07.02.2000, einer Sonderzeitung zur laufenden Kampagne für ein autonomes Zentrum in Heidelberg, sei ein Interview mit dem Kläger veröffentlicht worden, der als Sprecher des „AZ (im Exil)" benannt worden sei.

11. Auf der Internetseite des autonomen Zentrums Heidelberg sei am 16.02.2000 unter dem Titel „Autonomes Zentrum Heidelberg - unser Haus könnt ihr zerstören, unsere Ideen nicht!" eine Stellungnahme zur Demonstration „Ein Jahr Räumung des Autonomen Zentrums - Der Kampf geht weiter - Für eine starke Linke" am 12.02.2000 in Heidelberg veröffentlicht worden, in der der Kläger namentlich erwähnt worden sei.

12. Am 13.01.2001 sei der Kläger an der Veranstaltung „Test your play-ground" bei „Hildes Hellbächl" (ehemalige Szenenkneipe) festgestellt worden.

13. Am 20.01,2001 habe der Kläger nach ordnungsgemäßer Anmeldung eine Kundgebung der linksextremistischen Szene als verantwortlicher Versammlungsleiter anlässlich einer geplanten Veranstaltung der rechtsextremistischen„Burschenschaft Arminia Zürich zu Heidelberg" abgehalten. Nachdem die Redebeiträge beendet gewesen seien, sei zu einer Spontandemonstration zum Heidelberger Rathaus aufgerufen worden. Der Kläger sei als Versammlungsleiter durch den Polizeieinsatzleiter darauf hingewiesen worden, dass dies einen Verstoß gegen das Versammlungsgesetz darstellen könne. Von ihm als Versammlungsleiter sei die Veranstaltung jedoch nicht beendet worden, so dass sich ein Demonstrationszug durch die Heidelberger Fußgängerzone formiert habe. Gegen den Kläger sei wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz ein Strafverfahren eingeleitet worden, das durch Beschluss des Amtsgerichts Heidelberg vom 08.01.2002 nach Zahlung einer Geldbuße in Höhe von 200,— DM an eine gemeinnützige Einrichtung eingestellt worden sei.

14. Am 15.06.2002 habe der Kläger mit weiteren Angehörigen des linksextremistischen Spektrums an der Gegenaktion anlässlich eines Aufmarsches der rechtsextremistischen „Karlsruhe Kameradschaft" in Karlsruhe teilgenommen.

15. In einer Broschüre der linksextremistisch beeinflussten Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA), Kreisvereinigung Heidelberg, über die Geschichte der Mannheimer Lechleiter-Widerstandsgruppe sei der Kläger als Mitverfasser genannt. Diese Broschüre habe bei der VVN-Ausstellung „Neofaschismus in Deutschland" vom 13. bis 31.01.2003 in der Volkshochschule Heidelberg käuflich erworben werden können.

16. Am 15.02.2003 habe sich der Kläger mit weiteren Angehörigen des linksextremistischen Spektrums an einer Aktion des linksextremistischen „Heidelberger Forums gegen Militarismus und Krieg" (Antikriegsforum) vor dem US-Hauptquartier Heidelberg beteiligt. An diesem Tag habe ein europaweiter Aktionstag gegen den drohenden Irakkrieg stattgefunden.

17. Der Kläger habe mit zahlreichen linksextremistischen Szeneangehörigen bei der Demonstration „Gegen den Irak-Krieg" am 20.03.2003 in Heidelberg festgestellt werden können, zu der neben diversen demokratischen Organisationen das „Heidelberger Forum gegen Militarismus und Krieg" aufgerufen habe.

18. Vom 25. bis 28.06.2003 hätten auf dem Heidelberger Marktplatz die Aktionstage „Für ein neues autonomes Zentrum" stattgefunden. Der Kläger habe mit weiteren Angehörigen des linksextremistischen Spektrums Heidelberg während des gesamten Zeitraums daran teilgenommen.

19. Am 16.11.2003 habe der Kläger an der Kundgebung unter dem Motto „Schluss mit Heldengedenken und Ehrenfriedhof" vor dem Eingang des Eh-renfriedhofs in Heidelberg teilgenommen. Er habe das Grußwort der AI HD verlesen.

20. Am 28.12.2003 sei der Kläger mit weiteren Szeneaktivisten anlässlich einer Kundgebung vor einem besetzten Haus in Mannheim-Jungbusch festgestellt worden.

Das Oberschulamt führte weiter aus, im Wesentlichen räume der Kläger die angeführten Geschehnisse ein. Soweit er in seiner Einlassung von den Erkenntnissen abweiche, werde von seiner Darstellung ausgegangen. Die im Verlauf des Verfahrens nicht ausgeräumten Zweifel an seiner Verfassungstreue ergäben sich vor allem aus dem langjährigen Verhaftetsein bzw. der aktiven Mitgliedschaft in einer verfassungsfeindlichen Szene bzw. Organisation, dem Bekenntnis zu deren verfassungsfeindlichen Zielen, die unter anderem Gewalt bei der politischen Auseinandersetzung propagiere, sowie daraus, dass der Kläger über die bloße Mitgliedschaft hinaus hervorgehobene Funktionen („Sprecher", Versammlungsleiter, Anmelder/Initiator von Demonstrationen für eine verfassungsfeindliche Organisation) ausgeübt habe. Die „Antifaschistische Initiative Heidelberg" grenze sich in ihrem gesamten Erscheinungsbild eindeutig von der freiheitlichen demokratischen Grundordnung ab und propagiere darüber hinaus den „Widerstand und Aktionen gegen Faschistinnen und das rassistische Gesamtsystem der BRD". Wer aktives Mitglied in einer extremistischen Gruppierung sei, sich darin aktiv gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung stelle und Militanz als angemessenes Mittel der politischen Auseinandersetzung ansehe, könne nicht als Lehrer in öffentlichen Schulen wirken.

Die daraufhin erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe mit Urteil vom 10.03.2006 - 1 K 83/06 - abgewiesen. In den Gründen ist ausgeführt, die Verfassungstreuepflicht verlange vom Beamten, dass er sich kompromisslos von Gruppen distanziere, die den Staat, seine verfassungsmäßigen Organe und die geltende Verfassungsordnung angriffen, bekämpften und diffamierten. Dabei sei es unerheblich, mit welchem angeblich moralischen Anspruch dies getan werde. Der Kläger habe sich nicht in dem hier erforderlichen Umfang distanziert. Er sei nach wie vor Mitglied der AI HD. Bei seinem Einstellungsgespräch am 21.04.2004 habe er spontan geäußert, er stehe persönlich hinter dem Inhalt des Papiers „Wir über uns!". Später habe er einige Aussagen relativiert und die grundsätzlich staatsfeindliche Haltung der AI HD geleugnet. Für das Oberschulamt Karlsruhe habe dies die begründeten Zweifel an der Verfassungstreue des Klägers nicht ausgeräumt. Dies sei nachvollziehbar und bei der gerichtlichen Überprüfung der Bewertung des Dienstherrn zu akzeptieren. Die weiterhin vorhandene Befürchtung, der Kläger biete nicht die Gewähr, jederzeit für die Erhaltung unserer Grundordnung einzutreten, habe die geschilderte tatsächliche Grundlage durch die abwiegelnden Einlassungen nicht verloren. Dies gelte auch vor dem Hintergrund der im gerichtlichen Verfahren angeführten Umstände, die den Kläger als engagierten Streiter gegen Rechts und für friedliche Auseinandersetzungen mit der Staatsmacht schilderten. Dies schließe eine tiefgreifend negative Einstellung gegenüber unserem Staat und seiner Verfassungsordnung nicht aus. Auch wer aus übersteigerter Sensibilität für bestimmte positive Prinzipien oder aus lebensfremdem Idealismus heraus unseren Staat und das Handeln seiner Verfassungsorgane wegen stets möglicher Missstände verachte, grundsätzlich ablehne und bekämpfe, sei als Beamter dieses Staates ungeeignet, weil er die besondere politische Treuepflicht wegen seiner ablehnenden inneren Einstellung nicht garantieren könne. Ob der Kläger nur vordergründig „Antifaschist" sei und es ihm in Wahrheit um „Systemüberwindung" als Anarchist oder Kommunist gehe oder ob er sich dieser radikalen Linken nur angeschlossen habe, weil sie sich aus seiner Sicht am konsequentesten gegen Rassismus und Nationalismus einsetze, könne die Einstellungsbehörde nicht beweisen und müsse sie auch nicht klären. Auch wer aus moralischem Rigorismus, Naivität oder Leichtgläubigkeit eine Gruppe unterstütze, von der sich ein Beamter distanzieren müsse, handele gegen die beamtenrechtliche Treuepflicht. Der Kläger könne schließlich nicht mit Erfolg einwenden, er habe extreme politische Meinungen, die unseren Staat und seine Verfassung diskreditierten, bisher als Lehrer nie vertreten und es gebe keinen Anlass, dies in Zukunft zu vermuten. Dem könne das Oberschulamt entgegenhalten, ihm genüge eine formal korrekte Haltung seiner Beamten gegenüber dem Staat nicht.

Auf Antrag des Klägers hat der Senat mit Beschluss vom 04.08.2006 - 4 S 994/06 - die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen.



Der Kläger beantragt,



das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 10.03.2006 - 1 K 83/06 - zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung der Bescheide des Oberschulamts Karlsruhe vom 25.08.2004 und 15.11.2004 zu verpflichten, ihn - vorbehaltlich der gesundheitlichen Untersuchung - als Realschullehrer im Beamtenverhältnis auf Probe in den Schuldienst einzustellen,



hilfsweise, den Beklagten zu verpflichten, ihn unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu bescheiden.



Zur Begründung verweist er auf seinen gesamten bisherigen Vortrag und macht geltend, im Wege der Ermessensreduzierung auf Null komme keine andere Entscheidung als seine Einstellung in Betracht. Ergänzend trägt er vor, dass die gesamte sogenannte „Sündenliste" des Landesamtes für Verfassungsschutz bei der Frage nach Zweifeln an der Verfassungstreue außen vor bleiben müsse, weil sie unter Missachtung des Datenschutzes gewonnen worden sei. Dies ergebe sich aus einem Schreiben des Landesbeauftragten für Datenschutz vom 07.08.2006. Die angefochtene erstinstanzliche Entscheidung verstoße auch gegen die EU-Antidiskriminierungsrichtlinie 2000/78/EG vom 27.11.2000, die nunmehr durch das Allgemeine Gleichbe-handlungsgesetz umgesetzt worden sei. Schließlich sei festzuhalten, dass -neben Art. 10 EMRK - auch die EU-Grundrechtscharta in Art. 10 und 11 sowieder Internationale Pakt für bürgerliche und politische Rechte in Art. 5 und 19 jedermann ungehinderte Meinungsfreiheit garantierten. Außerdem verletzten sowohl die Entscheidungen des Beklagten als auch das Urteil des Verwaltungsgerichts die Konvention 111 der Internationalen Arbeitsorganisation von 1958.



Der Beklagte beantragt,



die Berufung zurückzuweisen.



Er verteidigt das angefochtene Urteil und führt aus, die vom Kläger unter Berufung auf den Landesbeauftragten für den Datenschutz geltend gemachten Verfahrensverstöße seien - selbst wenn man diese bejahen würde - für die Entscheidung des Oberschulamts nicht kausal. Soweit sich der Kläger auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz bzw. die Richtlinie 2000778/EG berufe, sei ihm entgegenzuhalten, dass eine etwaige Benachteiligung aus Gründen der Weltanschauung nach § 8 Abs. 1 AGG und Art. 4 Abs. 1 der Antidiskriminierungsrichtlinie gerechtfertigt wäre. Die Rechtfertigungsprüfung unterscheide sich insoweit nicht von der Prüfung des Eingriffs in Art. 12 Abs. 1 GG. Auch die Berufung auf das Übereinkommen über die Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf der Internationalen Arbeitsorganisation gehe fehl. Dieses Übereinkommen verleihe dem Kläger keine subjektiven Rechte.

Wegen des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze, wegen der sonstigen Einzelheiten auf die einschlägigen Akten des Beklagten und des Verwaltungsgerichts verwiesen.



Entscheidungsgründe



Die Berufung des Klägers ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist auch teilweise begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht in vollem Umfang abgewiesen. Der Bescheid des Oberschulamts Karlsruhe vom 25.08.2004 und dessen Widerspruchsbescheid vom 15,11.2004 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Er hat zwar keinen Anspruch auf Einstellung in den Schuldienst des Landes im Beamtenverhältnis auf Probe, wohl aber einen Anspruch auf erneute Entscheidung des Beklagten über seinen Antrag.

Hinsichtlich des Hauptantrages, mit dem der Kläger die Verpflichtung des beklagten Landes begehrt, ihn in das Beamtenverhältnis auf Probe zu übernehmen, hat die Klage keinen Erfolg. Die Übernahme eines Bewerbers in das Beamtenverhältnis steht grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn, die Prognose über die Verfassungstreue unterfällt seinem Beurteilungsspielraum. Während für die Frage der Beurteilung der Verfassungstreue hier die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids maßgebend ist, hat der Dienstherr im Rahmen des ihm bei der Übernahme in das Beamtenverhältnis zustehenden Entscheidungsspielraums die Eignung für das angestrebte Amt bezogen auf den aktuellen Zeitpunkt zu beurteilen. Damit aber sind für den Dienstherrn auch Umstände von Bedeutung, die zu keiner Zeit Gegenstand des vorliegenden Verfahrens waren und die er zunächst in eigener Verantwortung zu beurteilen hat. Ein Verpflichtungsurteil muss schon aus diesem Grunde (vgl. dazu OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23.06.2006 - 6 A 77/04 -, Juris) und im Übrigen auch mit Blick auf den dem Dienstherrn weiterhin zustehenden Beurteilungsspielraum (vgl. die Ausführungen unten) ausscheiden.



Ausgangspunkt der rechtlichen Beurteilung ist § 6 Abs. 1 Nr. 2 des Landesbeamtengesetzes (LBG). Danach darf in das Beamtenverhältnis nur berufen werden, wer die Gewähr dafür bietet, dass er jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes eintritt. Dabei handelt es sich nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts um eine von der Verfassung (Art. 33 Abs. 5 GG) geforderte, durch den zuständigen Beamtengesetzgeber konkretisierte Eignungsvoraussetzung, die für jedes Beamtenverhältnis gilt. Die beamtenrechtliche Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 LBG und entsprechender Vorschriften verstößt, wie in der höchstrichterlichen Rechtsprechung wiederholt aus-gesprochen worden ist, nicht gegen Grundrechte der Beamtenbewerber (BVerfG, Beschluss vom 22.05.1975 - 2 BvL 13/73 -, BVerfGE 39, 334; BVerwG, Urteil vom 27.11.1980 - 2 C 38.79 -, BVerwGE 61, 176, und Urteil vom 18.05.2001 - 2 WD 42.00 u.a. -, BVerwGE 114, 258).

Zu der umfassenden Treuepflicht des Beamten gehört als Kern jedenfalls die Verfassungstreuepflicht. Dies ist die Pflicht, sich mit der Idee der freiheitlichen demokratischen, rechts- und sozialstaatlichen Ordnung dieses Staates zu identifizieren, dem er als Beamter dienen soll. Sie fordert von dem Beamten insbesondere, dass er trotz einer durchaus erwünschten kritischen Einstellung den Staat und seine geltende Verfassungsordnung bejaht, und dass er sich durch Wort und sonstiges Verhalten in äußerlich erkennbarer Weise -aktiv - für die freiheitliche demokratische Grundordnung einsetzt. Zu den grundlegenden, -sogar einer Verfassungsänderung entzogenen Grundprinzipien des freiheitlichen demokratischen Verfassungsstaates, denen der Beamte verpflichtet ist, sind mindestens zu rechnen: Die Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten, vor allem dem Recht der Persönlichkeit auf Leben und freie Entfaltung, die Volkssouveränität, die Gewaltenteilung, die Verantwortlichkeit der Regierung, die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, die Unabhängigkeit der Gerichte, das Mehrparteiensystem und die Chancengleichheit für alle politischen Parteien mit dem Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung der Opposition (BVerwG, Urteil vom 27.11.1980, a.a.O., m.w.N.).

In diesem Sinne ist der Dienst des Beamten unter der Geltung des Grundgesetzes immer Dienst an der freiheitlichen demokratischen Grundordnung und muss es sein. Die Verfassungstreuepflicht gebietet dem Beamten zwar nicht, sich mit den Zielen oder einer bestimmten Politik der jeweiligen Regierung zu identifizieren. Sie schließt nicht aus, Kritik an Erscheinungen des Staates üben zu dürfen und für eine Änderung der bestehenden Verhältnisse - innerhalb des Rahmens der Verfassung und mit verfassungsrechtlich vorgesehenen Mitteln - eintreten zu können, solange nicht eben dieser Staat und seine verfassungsmäßige Ordnung in Frage gestellt werden. Staat und Gesellschaft können an einer unkritischen Beamtenschaft kein Interesse haben (BVerwG, Urteil vom 27.11.1980, a.a.O.).



Der Beamte muss danach bei seiner beruflichen Tätigkeit die bestehenden verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Vorschriften beachten und erfüllen und sein Amt aus dem Geist dieser Vorschriften heraus führen, z.B. als Lehrer im Unterricht auch die Grundwerte und Grundentscheidungen der Verfassung glaubhaft vermitteln (vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 08.07.1997 - 1 BvR 1243/95 u.a. -, BVerfGE 96, 152). Die Verfassungstreuepflicht verlangt ferner, dass der Beamte sich eindeutig von Gruppen und Bestrebungen distanziert, die diesen Staat, seine verfassungsmäßigen Organe und die geltende Verfassungsordnung angreifen, bekämpfen und diffamieren und dass er in Krisenzeiten und in ernsthaften Konfliktsituationen innerhalb und außerhalb des Dienstes für den Staat Partei ergreift. Ein Beamter, der diesen Erfordernissen nicht Rechnung trägt, erfüllt - unabhängig von seinen Motiven - seine Treuepflicht nicht (BVerwG, Urteil vom 27.11.1980, a.a.O.).

Der verfassungsrechtliche Inhalt der politischen Treuepflicht des Beamten wird nicht beeinflusst von dem Übereinkommen Nr. 111 der Internationalen Arbeitsorganisation über die Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf - Übereinkommen 111 - vom 25.06.1958 (BGBI. II 1961 S. 98), dem der Bundesgesetzgeber durch Gesetz vom 08.03.1961 (BGBI. II 1961 S. 97) zugestimmt hat, sowie dem Ausschussbericht von 1986 zur Prüfung der Einhaltung des Abkommens durch die Bundesrepublik Deutschland - Untersuchungsbericht -. Wie das Bundesverwaltungsgericht bereits wiederholt entschieden hat, haben das Übereinkommen 111 und der Untersuchungsbericht nur an die Bundesregierung gerichtete Empfehlungen, nicht jedoch das innerstaatliche Recht unmittelbar ändernde Bestimmungen zum Inhalt; sie begründen keine subjektiven Rechte für den Einzelnen und können die Verfassungsrang genießende politische Treuepflicht nach Art. 33 Abs. 5 GG nicht erweitern oder einschränken (BVerwG, Urteil vom 10.05.1984 - 1 D 7.83 - BVerwGE 76, 157; Urteil vom 16.09.1987 - 1 D 122.86 -, ZBR 1988, 281; Urteil vom 01.02.1989 -1 D 2.86 -, BVerwGE 86, 99). Dies bedeutet zugleich, dass es dem Senat verwehrt ist, insoweit bei der Rechtsauslegung als völkerrechtliche Vorgabe das Übereinkommen 111 und die Empfehlungen des Untersuchungsberichts zugrunde zu legen. Dem steht letztlich die vorrangige Norm des Art. 33 Abs. 5 GG entgegen, aus dem nach der insoweit bindenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die politische Treuepflicht der Beamten herzuleiten ist (BVerfGE 39, 334, 346 ff.) mit der weiteren Folge, dass, wie es ebenfalls dieser Rechtsprechung entspricht (a.a.O. S. 355), auch eine im Untersuchungsbericht empfohlene Differenzierung in den Anforderungen an die politische Treuepflicht, die sich nach der jeweiligen dienstlichen Funktion des Beamten richten würde, insoweit grundsätzlich nicht zulässig ist (BVerwG, Urteil vom 01.02.1989, a.a.O.; Urteil vom 20.01.1987 - 1 D 114.85 -, NJW 1987, 2691; vgl. dazu auch die Ausführungen unten).

Eine andere Beurteilung der politischen Treuepflicht gebietet auch nicht die Auslegung der Art. 10 und 11 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 04.11.1950 (EMRK - BGBI. 1952 II S. 685, 953) durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in seinem Urteil vom 26.09.1995 (- 7/1994/454/535 -, NJW 1996, 375; Vogt / Bundesrepublik Deutschland). Danach kann die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis im Einzelfall gegen das in Art. 10 EMRK verbürgte Recht auf freie Meinungsäußerung und - in Abhängigkeit davon - gegen die in Art. 11 EMRK garantierte Vereinigungsfreiheit verstoßen, wenn die Maßnahme zur Gewährleistung der in Art. 10 Abs. 2 EMRK aufgeführten Zwecke - unter Berücksichtigung des staatlichen Beurteilungsspielraumes - in keinem angemessenen Verhältnis steht, mithin in einer demokratischen Gesellschaft nicht zwingend notwendig ist. Der EGMR hat in den Urteilsgründen jedoch ausdrücklich bestätigt, dass die Meinungsfreiheit durch gesetzliche Vorschriften, die die politische Treuepflicht des Beamten statuieren, in Verbindung mit der insoweit eindeutigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts eingeschränkt werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.05.2001, a.a.O.). Nichts anders gilt danach auch, soweit sich der Kläger darauf beruft, dass auch Art. 10 und 11 der EU-Grundrechtecharta (vgl. dazu allgemein Meyer, Kommentar zur Charta der Grundrechte der Europäischen Union) - die nicht in Kraft ist - und Art. 5 und 19 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte vom 19.12.1966 (BGBI. 1973 II S. 1533) jedermann unbehinderte Meinungsfreiheit garantierten. Darüber hinausgehende Rechte und Pflichten werden dadurch ebenso wie durch die Richtlinie 2000/7S/EG, die durch das Gesetz zur Umsetzung europäischer Richtlinien zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung vom 14.08.2006 (BGBI. l S. 1897) umgesetzt worden ist, nicht begründet. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass die Mitgliedstaaten nach Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie (§ 8 Abs. 1 AGG) vorsehen können, dass eine Ungleichbehandlung wegen eines Merkmals, das im Zusammenhang mit einem der in Artikel 1 genannten Diskriminierungsgründe steht, keine Diskriminierung darstellt, wenn das betreffende Merkmal - wie hier - aufgrund der Art einer bestimmten beruflichen Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern es sich um einen rechtmäßigen Zweck und eine angemessene Anforderung handelt.



Gewähr bieten" im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 2 LBG bedeutet, dass keine Umstände vorliegen dürfen, die nach der Überzeugung der Ernennungsbehörde die künftige Erfüllung dieser Pflicht zur Verfassungstreue mit dem aufgezeigten Inhalt durch den Beamtenbewerber zweifelhaft erscheinen lassen. Da bereits begründete Zweifel an der Verfassungstreue die Ablehnung eines Beamtenbewerbers rechtfertigen, reicht es in der Regel aus, dass der Dienstherr sie auf feststellbare und festgestellte äußere Verhaltensweisen eines Bewerbers stützt und wertend auf eine möglicherweise darin zum Ausdruck kommende innere Einstellung zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung schließt. Ausdrückliche Feststellungen über die tatsächliche innere Einstellung des Bewerbers - etwa die Identifizierung mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung widersprechenden Zielsetzungen einer Partei, die unter Umständen die Zweifel an der künftigen Verfassungstreue eines Beamtenbewerbers sogar zur Gewissheit werden lassen - sind in der Regel nicht erforderlich. Die Feststellung einer im Einzelfall wesentlichen tatsächlichen subjektiven Einstellung (z.B. Nichtidentifizierung mit den der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zuwiderlaufenden Zielsetzungen einer Organisation, Distanzierung von der Verfassungsordnung widerstreitenden Bestrebungen und die Motivation für das bisherige Verhalten) kann aber insbesondere im Zusammenhang mit der Frage, ob aus den festgestellten Fakten vom Dienstherrn hergeleitete Zweifel an der künftigen Verfassungstreue des Beamtenbewerbers zerstreut werden können, von ausschlaggebender Bedeutung sein (BVerwG, Urteil vom 27.11.1980, a.a.O.).



Die Zweifel des Dienstherrn an der Verfassungstreue des Beamtenbewerbers müssen allerdings auf Umständen beruhen, die - einzeln oder in ihrer Gesamtheit („Summeneffekt") - von hinreichendem Gewicht und bei objektiver Betrachtungsweise geeignet sind, ernste Besorgnis an der künftigen Erfüllung seiner Verfassungstreuepflicht auszulösen. Erst wenn diese Schwelle überschritten ist, setzt die Beurteilungsermächtigung des Dienstherrn ein (BVerwG, Urteil vom 09.06.1983 - 2 C 45.80 -, NJW 1985, 506, und die Ausführungen unten). Das bloße Haben einer Überzeugung, die bloße Mitteilung, dass man diese habe, das kritische Informieren, etwa das Lesen rechtsextremistischer oder kommunistischer Literatur, oder die Anwesenheit bei einer Demonstration für mit der Verfassung nicht ohne weiteres vereinbare Zielsetzungen und Kritik im Rahmen der Verfassung gehören für sich allein ebenfalls nicht zu derartigen Umständen. Diese liegen erst vor, wenn der Beamtenbewerber Anlass zu der ernsten Besorgnis gibt, dass er aus seiner politischen Überzeugung auch nach seiner Berufung in das Beamtenverhältnis Folgerungen für seine Einstellung gegenüber der verfassungsmäßigen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland, für die Art der Erfüllung seiner Dienstpflichten, für den Umgang mit seinen Mitarbeitern oder für politische Aktivitäten ziehen wird. Auch die Mitgliedschaft in einer Partei mit Zielen, die mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht vereinbar sind, schließt nicht zwingend ein verfassungstreues Verhalten aus (BVerfGE 39, 334, 335, 359; BVerwG, Urteile vom 27.11.1980, a.a.O., vom 31.01.1980 - 2 C 5.78 -, NJW 1980, 2145, und vom 22.04.1977 - VII C 17.74 -, BVerwGE 52, 313). Sie kann aber bei der gebotenen Berücksichtigung der Einzelumstände des jeweils zu entscheidenden Falles gleichwohl Schlüsse auf eine fehlende Verfassungstreue rechtfertigen.



In diesem Zusammenhang kann das Bekenntnis des Beamtenbewerbers zu den mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht zu vereinbarenden Zielen einer extremistischen politischen Partei linker oder rechter Prägung - unabhängig von der Feststellung ihrer Verfassungswidrigkeit durch Urteil des Bundesverfassungsgerichts - bedeutsam sein, insbesondere wenn der Parteibeitritt aufgrund freier Willensentschließung erfolgt ist und zu politischen Aktivitäten für die Ziele der Partei verpflichtet (BVerwG, Urteil vom 27.11.1980, a.a.O., m.w.N.). In jedem Falle kommt es auf die Persönlichkeit des Beamtenbewerbers und auf die Umstände des jeweiligen Einzelfalles an. Ein schematisches Anknüpfen rechtserheblicher Zweifel an die Feststellung bestimmter Verhaltensweisen ist nicht zulässig (BVerfGE 39, 334, 354 f.). Die Frage, ob der Beamtenbewerber nach seiner Persönlichkeit die Gewähr dafür bietet, jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung einzutreten, gründet sich auf eine von Fall zu Fall wechselnde Vielzahl von Beurteilungselementen und ist weitgehend Tatfrage (BVerwG, Urteil vom 27.11.1980, a.a.O.).



Dabei ist für die Beurteilung der Gewähr der Verfassungstreue auch von Bedeutung, ob jemand erstmals in das Beamtenverhältnis berufen werden soll oder sich schon einmal im Beamtenverhältnis befand. Bei einer erneuten Berufung in das Beamtenverhältnis, wie vorliegend bei der erstrebten Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe nach Beendigung des Beamtenverhältnisses auf Widerruf, besteht bereits eine breitere Entscheidungsgrundlage. Hier ist neben den bereits vor der Berufung in das Beamtenverhältnis liegenden Umständen das Verhalten im Beamtenverhältnis zu beachten. Durch das weitere Verhalten im Beamtenverhältnis können früher zu Tage getretene Bedenken bekräftigt oder zerstreut werden (Zängl in Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, BayBG, Art. 9 S. 41 f.).

Aufgrund des sonach festgestellten Sachverhalts hat der Dienstherr zu prüfen, ob der Beamtenbewerber die geforderte Gewähr der Verfassungstreue bietet (BVerfGE 39, 334, 353; BVerwG, Urteile vom 27.11.1980 und vom 22.04.1977, jeweils a.a.O.). Seine Überzeugung ist maßgebend. Ihr liegt ein Urteil über die Persönlichkeit des Beamtenbewerbers zugrunde, das zugleich eine Prognose enthält.

Gegenstand dieses Urteils sind nicht ein oder mehrere bestimmte Vorgänge, sondern die in einer zusammenfassenden Bewertung dieser Vorgänge offenbar werdende Persönlichkeit des Beamtenbewerbers in Bezug auf die Gewähr der Verfassungstreue. Dieser auf die Persönlichkeit des Bewerbers bezogenen Eignungsprognose ist eine Beurteilungsermächtigung des Dienstherrn immanent. Sie unterliegt ähnlich wie andere persönlichkeitsbedingte Werturteile des Dienstherrn nicht in vollem Umfang der gerichtlichen Kontrolle. Das Gericht darf die Eignung nicht aufgrund eines eigenen prognostischen Werturteils über die Persönlichkeit des Bewerbers abweichend vom Dienstherrn selbst feststellen. Die verwaltungsgerichtliche Kontrolle hat sich - was das Verwaltungsgericht im vorliegenden Verfahren nicht hinreichend beachtet hat - darauf zu beschränken, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat, oder ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat (BVerwG, Urteil vom 27.11.1980, a.a.O.). Dabei sind die Grenzen für die einzelnen Ansatzpunkte der verwaltungsgerichtlichen Prüfung angesichts der Vielgestaltigkeit denkbarer Sachverhalte fließend.



Die im Kernbereich der grundsätzlich dem Dienstherrn vorbehaltenen Beurteilung der Persönlichkeit des Beamtenbewerbers gebotene sorgfältige Prüfung bei der Prognose über das voraussichtliche zukünftige Verhalten aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte aus Vergangenheit und Gegenwart findet mit Blick auf das Zugangsrecht des Klägers aus Art. 33 Abs. 2 GG ihren rechtlichen Ausdruck vornehmlich in dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Der Dienstherr hat im jeweiligen Einzelfall nach Ermittlung der für und gegen ihn sprechenden Umstände die Persönlichkeit des Bewerbers umfassend zu würdigen, wobei eine sachgerechte Gewichtung der einzelnen Beurteilungselemente erforderlich ist. In diesem Zusammenhang ist der Dienstherr, der alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigen muss, auch gehalten, das angestrebte Amt in den Blick zu nehmen. Dies gilt ungeachtet des Umstands, dass das Bundesverfassungsgericht - wie ausgeführt - im Beschluss vom 22.05.1975 hervorgehoben hat, die Treuepflicht des Beamten sei einer Differenzierung nach Art der dienstlichen Obliegenheiten nicht zugänglich. Verfassungstreue im Sinne der Fähigkeit und inneren Bereitschaft, „die dienstlichen Aufgaben nach den Grundsätzen der Verfassung wahrzunehmen, und insbesondere die Freiheitsrechte der Bürger zu wahren und rechtsstaatliche Regeln einzuhalten" (BVerfG, Beschluss vom 21.02.1995 - 1 BvR 1397/93 -, BVerfGE 92, 140, 151, und Urteil vom 08.07.1997 - 1 BvR 1621/94 -, NJW 1997, 2312), verweist auf eine Grundvoraussetzung des Eignungskriteriums im Sinne von Art. 33 Abs. 2 GG. Jedenfalls insoweit handelt es sich um eine (nach unten) differenzierungsresistente Größe. Mit anderen Worten: Unabhängig von dem wahrzunehmenden öffentlichen Amt sowie der öffentlich rechtlichen oder privatrechtlichen Ausgestaltung des Dienstverhältnisses umschreibt eine solche „Verfassungstreue" ein notwendiges Element des persönlichen Anforderungsprofils. Arbeiter und Angestellte sind insoweit nicht weniger eingebunden als Beamte. Indes ergeben sich im Prozess der (prognostischen) Bewertung durch die Einstellungsbehörde, ob ein Bewerber das erforderliche Maß an Verfassungstreue besitzt oder nicht, mit Blick darauf Differenzierungsmöglichkeiten, dass ein Korrespondenzverhältnis zwischen der „Verfassungstreuegeprägtheit" eines Amtes und den Anforderungen an den Nachweis einer entsprechenden Fähigkeit und Bereitschaft eines Bewerbers (bzw. der Zweifel hieran) besteht (Höfling, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 33 Abs. 1 bis 3, RdNrn. 155 ff.: „Die Einstellung eines Sachbearbeiters eines kommunalen Friedhofsamtes erfordert eine andere Prognosesicherheit hinsichtlich seiner Verfassungstreue als diejenige über den zukünftigen Präsidenten des Bundesamts für Verfassungsschutz").



In gleicher Weise kann auch der Status des angestrebten Beschäftigungsverhältnisses Berücksichtigung finden. Dazu hat bereits das Bundesverfassungsgericht ausgeführt (BVerfGE 39, 334, 356): „Wer als Berufsziel den Staatsdienst im Auge hat, nähert sich diesem Dienst in drei „Stufen": er studiert, er erwirbt die jeweils erforderliche Vorbildung - für den höheren Dienst durch Absolvierung des Vorbereitungsdienstes -, er wird als Beamter auf Probe übernommen. In der zweiten und dritten Stufe hat der Dienstvorgesetzte Gelegenheit, den Bewerber intensiv kennenzulernen, ihn zu beobachten und sich schließlich ein Urteil über seine Persönlichkeit zu bilden. Hier, wo die Verwaltung unmittelbar sich ein zuverlässiges Bild über den Anwärter machen kann, muss der Schwerpunkt liegen für die Gewinnung des Urteils, ob der Bewerber die geforderte Gewähr bietet oder nicht. Das bedeutet aber, dass für die Übernahme in den Vorbereitungsdienst eine gewissermaßen „vorläufige" Beurteilung ausreicht....". Das so verstandene Differenzierungsgebot hat der Dienstherr auch bei der Frage der Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung zu beachten.



Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung. Die für Verpflichtungsklagen (und Neubescheidungsklagen) vielfach angeführte „Regel", dass die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung maßgeblich ist, gilt nicht uneingeschränkt. Aus dem materiellen Recht können sich Abweichungen ergeben. Das ist auch hier der Fall. Wie den vorangehenden Erörterungen zu entnehmen ist, sind für die Entscheidung des Dienstherrn die ihm zu diesem Zeitpunkt zur Ve'rfügung stehenden Erkenntnismittel maßgebend. Das Gericht, das die Eignung des Bewerbers nicht selbst beurteilen darf, ist auf die Überprüfung der zu jenem Zeitpunkt von dem Dienstherrn getroffenen Beurteilung beschränkt (BVerwG, Urteil vom 27.11.1980, a.a.O.).



Ausgehend von diesen Grundsätzen vermag der Senat schon nicht festzustellen, dass der Beklagte seiner Entscheidung einen zutreffenden und vollständigen Sachverhalt zugrunde gelegt hat. Nachdem das Oberschulamt Karlsruhe im Widerspruchsbescheid vom 15.11.2004 ausdrücklich erklärt hat, es gehe von der Darstellung des Klägers aus, soweit seine Erklärungen zu den ihm angelasteten Vorfällen von den Erkenntnissen des Innenministeriums abwichen, hat auch der Senat von dem so festgestellten Sachverhalt auszugehen.



Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger unter Berufung auf das Schreiben des Landesbeauftragten für den Datenschutz vom 07.08.2006 geltend macht, der Datenschutz sei in doppelter Hinsicht nicht beachtet worden, was zu einer Art Verwertungsverbot der erlangten Erkenntnisse führen müsse. Der Landesbeauftragte für Datenschutz führt aus, dass zwar eine Anfrage beim Landesamt für Verfassungsschutz datenschutzrechtlich grundsätzlich zulässig gewesen sei, jedoch habe die Anfrage des Kultusministeriums an das Innenministerium vom 22.07.2003 hinsichtlich der anfragenden Stelle und der Unterrichtung des Petenten nicht den Vorgaben der Nr. 12 zu § 6 der Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums zur Durchführung des Landesbeamtengesetzes (VwV-LBG) vom 18.07.2003 (GABI. S. 502) entsprochen. Unabhängig davon, dass die Verwaltungsvorschrift zum Zeitpunkt der bezeichneten Anfrage noch nicht in Kraft getreten war (sie trat - erst - am Tag nach der Veröffentlichung am 27.08.2003 in Kraft), ist zu berücksichtigen, dass dem vertieften Einstellungsgespräch am 21.04.2004 die unter dem 05.02.2004 mitgeteilten Erkenntnisse zugrunde lagen, die durch das Innenministerium auf eine Anfrage des Oberschulamts Karlsruhe über das Kultusministerium vom 08.01.2004 übermittelt worden waren; von dieser Anfrage war der Kläger unterrichtet worden. Dass das Innenministerium zuvor das Kultusministerium gem. § 16 LDSG fernmündlich über die Aktivitäten des Klägers in der AI HD bzw. der dortigen autonomen Szene unterrichtet hatte und dieses unter dem 22.07.2003 eine Anfrage an das Innenministerium gerichtet hatte, führt nicht zu einem Verwertungsverbot der später gewonnenen Erkenntnisse. Zudem lässt der Kläger außer Betracht, dass er selbst zu den ihm angelasteten Aktivitäten mit der Folge Stellung genommen hat, dass der Beklagte von seiner Darstellung ausgegangen ist. Ein streitiger Sachverhalt, bei dem den Erkenntnissen des Landesamts für Verfassungsschutz maßgebliche Bedeutung zukäme, ist danach nicht gegeben.



Der Beklagte hat im Widerspruchsbescheid darauf abgestellt, die Zweifel an der Verfassungstreue des Klägers ergäben sich vor allem aus dem langjährigen Verhaftetsein bzw. der aktiven Mitgliedschaft in einer verfassungsfeindlichen Szene bzw. Organisation, dem Bekenntnis zu deren verfassungsfeindlichen Zielen, die u.a. Gewalt bei der politischen Auseinandersetzung propagiere, sowie daraus, dass der Kläger über die bloße Mitgliedschaft hinaus hervorgehobene Funktionen („Sprecher", Versammlungsleiter, Anmelder/Initiator von Demonstrationen für eine verfassungsfeindliche Organisation) ausgeübt habe. Daraus, dass er als Aktivist für die autonome Szene in Heidelberg und Umgebung vielfach in Erscheinung getreten sei, könne in Verbindung mit seiner Einlassung bei der Anhörung mit hinreichender Sicherheit geschlossen werden, dass er sich mit den Zielsetzungen dieser Szene identifiziere. Die vom Innenministerium mitgeteilten Erkenntnisse seien jedenfalls in ihrer Gesamtheit von hinreichendem Gewicht, wobei der zum Vorschein gekommenen Gewaltbereitschaft (Nr. 3, 4 und 9) sowie den Verstößen gegen das Versammlungsgesetz (Nr. 9, 13 und 17) besondere Bedeutung zukämen. Lehrer in öffentlichen Schulen könne nicht sein, wer aktives Mitglied in einer extremistischen Gruppierung sei und sich darin aktiv gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung stelle. Der Senat teilt die letztgenannte Rechtsauffassung. Indes kann bereits ein aktives Einsetzen des Klägers gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung nicht festgestellt werden. Der Beklagte ist in mehrfacher Hinsicht von einem unzutreffenden bzw. unvollständigen Sachverhalt ausgegangen und hat außer Acht gelassen, dass er das Vorbringen des Klägers als zutreffend unterstellt hat.

Dies gilt zunächst, soweit er eine zum Vorschein gekommene Gewaltbereitschaft des Klägers konstatiert hat. Denn den dafür zum Beleg angeführten Vorfällen Nr. 3, 4 und 9 lässt sich dafür nichts entnehmen. Bei der Aktion am 23.03.1997 in Laudenbach (Nr. 3) war der Kläger als Fotoreporter für die Heidelberger Rundschau anwesend. Bei der Personalienfeststellung durch die Polizei kam es durch einen Beamten zum Schusswaffeneinsatz. Der Kläger hat deswegen Dienstaufsichtsbeschwerde eingelegt und der Polizei später Beweisfotos zur Verfügung gestellt. In diesem Zusammenhang sind auch seine Personalien aufgenommen worden. Eine Gewaltbereitschaft ergibt sich daraus ebenso wenig wie aus dem Umstand, dass er am 01.02.1999 an der Übergabe des als „Autonomes Zentrum" genutzten Gebäudes Alte Berghei-mer Straße 7 an die Stadt Heidelberg teilgenommen hat (Nr. 4). Als Vertreter des Trägervereins hat er sich bei der offiziellen Übergabe innerhalb des Gebäudes und nicht außerhalb in der protestierenden Menge befunden. Von Stein- und Flaschenwürfen hat er nichts mitbekommen. Als er später davon erfahren hat, hat er dies, wie sich aus dem Bericht der Rhein-Neckar-Zeitung vom 02.02.1999 ergibt, verurteilt. Eine Gewaltbereitschaft folgt schließlich nicht ansatzweise daraus, dass die Anwesenheit des Klägers im Zusammenhang mit der „Partybesetzung" eines leer stehenden Gebäudes im Bereich des ehemaligen Güterbahnhofs Heidelberg am 06.02.2000 festgestellt worden ist (Nr. 9). Der Kläger hat sich auf Bitten der Einsatzleitung der Polizei bereit erklärt, die Kommunikation zwischen der Polizei und den Besatzern zu gewährleisten. Er hat sich ausdrücklich versichert, dass sein Betreten des Geländes von der Polizei gebilligt wurde; ein Platzverweis ist gegen ihn nicht ausgesprochen worden. Auch von einem Verstoß gegen das Versammlungsgesetz kann insoweit nicht die Rede sein.



Dass der Kläger bei der Demonstration „Gegen den Irakkrieg" am 20.03.2003 in Heidelberg festgestellt werden konnte (Nr. 17), stellt schon von vornherein keinen Verstoß gegen das Versammlungsgesetz dar. Der Beklagte führt aus, dass zu dieser Demonstration diverse demokratische Organisationen aufgerufen hätten. Dass sich auch das „Heidelberger Forum gegen Militarismus und Krieg" an dem Aufruf beteiligt hat, kann dem Kläger nicht vorgeworfen werden. Nichts anderes gilt im Ergebnis, soweit sich nach der vom Kläger angemeldeten Demonstration am 20.01.2001 (Nr. 13) eine spontane Demonstration durch die Fußgängerzone in Heidelberg formiert hat. Der Kläger hat in der Folge einen Strafbefehl erhalten, gegen den er Einspruch eingelegt hat. Ihm wurde vorgeworfen, die Kundgebung nicht vernehmlich genug aufgelöst zu haben. Nachdem in der folgenden Verhandlung die Zeugenaussagen widersprüchlich geblieben waren, wurde das Verfahren auf Anregung des Gerichts gegen die Zahlung von 200,-- DM an eine gemeinnützige Einrichtung eingestellt. Ein im vorliegenden Verfahren bedeutsamer Verstoß gegen das Versammlungsgesetz verbleibt danach nicht.



Auch die weiter angeführten Vorfälle ergeben nichts für das dem Kläger unterstellte aktive Eintreten gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung und sind nicht geeignet, Zweifel an seiner Verfassungstreue zu begründen. Dass die (bloße) Teilnahme an Veranstaltungen und Demonstrationen, die ersichtlich ebenso vom Grundgesetz gedeckt ist wie die freie Meinungsäußerung, überhaupt erwähnt wird, vermag der Senat kaum nachzuvollziehen.



Der Beklagte hat zudem bei seiner ablehnenden Entscheidung das Verhalten des Klägers während des Vorbereitungsdienstes (01.02.2001 bis 24.07.2002) nicht hinreichend ermittelt oder jedenfalls bei seiner Abwägung nicht gewürdigt. Er hat damit einen für seine Prognose grundsätzlich (vgl. BVerfGE 39, 334, 356) besonders bedeutsamen Zeitabschnitt außer Acht gelassen und ist insoweit von einem unvollständigen Sachverhalt ausgegangen. Hat ein Bewerber, wie hier, bereits einen Vorbereitungsdienst abgeleistet, während dessen der Dienstherr sich unmittelbar ein zuverlässiges Bild über ihn machen konnte, so ist das Verhalten des Bewerbers während dieses Zeitraums jedenfalls eingehend zu berücksichtigen (BVerwG, Urteil vom 09.06.1983 - 2 C 45.80 -, NJW 1985, 506; vgl. auch Urteil vom 09.06.1981 - 2 C 49.78 -, DÖD 1982, 24).



Der Beklagte hat mithin bei seiner dem Kläger ungünstigen Prognose wesentliche Beurteilungselemente außer Acht gelassen und ist von einem unvollständigen bzw. unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen. Es ist auch nicht auszuschließen, dass er unter Beachtung dieser Gesichtspunkte zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass Zweifel des Dienstherrn an der künftigen Verfassungstreue eines Beamtenbewerbers keinen Nachweis einer „verfassungsfeindlichen" Betätigung erfordern und der Dienstherr sich darauf beschränken darf, die festgestellten äußeren Verhaltensweisen des Klägers seinem Urteil zugrunde zu legen und hieraus im Weg wertender Schlussfolgerung auf eine darin möglicherweise zum Ausdruck kommende, mit der künftigen beamtenrechtlichen Treuepflicht nicht vereinbare Motivation zu schließen.

Auch wenn der Beklagte die Führung des Klägers während des Vorbereitungsdienstes zwar als tadelsfrei ermittelt und in seine Abwägung einbezogen hätte, ihr aber gegenüber den dem Kläger vorgehaltenen Aktivitäten keine entscheidende Bedeutung beigemessen hätte, so hätte er damit gegen allgemein gültige Bewertungsmaßstäbe verstoßen. Der gerichtlichen Nachprüfung ist in diesem Falle, da die angegriffenen Bescheide nichts über die diesbezüglichen Erwägungen des Beklagten aussagen, das Berufungsvorbringen des Beklagten zugrunde zu legen. Dieses lässt nicht erkennen, dass der Beklagte dem Verhalten des Klägers während des Vorbereitungsdienstes das Gewicht beigemessen hat, das ihm nach den oben dargelegten Bewertungsgrundsätzen zukommen muss. Der Beklagte hat auch nicht berücksichtigt, dass seit den letzten dem Kläger angelasteten Aktivitäten bei Erlass des Widerspruchsbescheides nahezu ein Jahr verstrichen war, was für die Prognose über künftiges verfassungstreues Verhalten ihre Aussagekraft, falls sie inzwischen keine Fortsetzung durch gleichgerichtete Aktivitäten gefunden hatten, bereits minderte.



Hinzu kommt, dass es sich bei sämtlichen jüngeren Aktivitäten, insbesondere denjenigen nach der Absolvierung des Vorbereitungsdienstes, um Verhaltensweisen handelt, denen der Beklagte im Hinblick auf die von ihm anzustellende Prognose schon deshalb kein maßgebendes Gewicht beimessen durfte, weil sie sich zumindest auch auf mit der Verfassungsordnung vereinbare Ziele bezogen und auch in der Art der Durchführung ersichtlich von der Verfassung gedeckt waren (zum Eintreten gegen den Irak-Krieg vgl. nur BVerwG, Urteil vom 21.06.2005 - 2 WD 12.04 -, NJW 2006, 77; zum antifaschistischen Engagement vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.06.2004 - 1 BvQ 19/04 -, BVerfGE 111, 147: „In der Tat will das Grundgesetz nationalsozialistische Bestrebungen abwehren. Zugleich schafft es rechtsstaatliche Sicherungen, deren Fehlen das menschenverachtende Regime des Nationalsozialismus geprägt hat. Dementsprechend enthält das Grundgesetz einen Auftrag zur Abwehr von Beeinträchtigungen der Grundlagen einer freiheitlichen demokratischen Ordnung mit den Mitteln des Rechtsstaats"). Dies hat der Beklagte hingegen ebenso wenig ausreichend beachtet wie den für den Kläger sprechenden Umstand, dass er bei dem letzten ihm zur Last gelegten Vorfall am 28.12.2003 (Nr. 20), bei dem er als Fotograf anwesend war, auf Bitten der Polizei deeskaiierend eingegriffen und den Kontakt mit den Kundgebungsteilnehmern hergestellt hat. Dass dieses Verhalten des Klägers kein Einzelfall war, steht zwischen den Beteiligten nicht im Streit.

Zur Vermeidung eines weiteren Rechtsstreits weist der Senat darauf hin, dass die Entscheidung des Beklagten auch im Übrigen den Anforderungen an eine sorgfältige und vollständige Würdigung des Sachverhalts und der Person des Klägers unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nicht gerecht wird. Dies gilt zunächst mit Blick darauf, dass der Beklagte von einem Bekenntnis des Klägers zu den verfassungsfeindlichen Zielen der Antifaschistischen Initiative Heidelberg - für verfassungsfeindliche Zielsetzungen der autonomen Szene Heidelberg, die der Beklagte ebenfalls angesprochen hat, fehlt es an gewichtigen Erkenntnissen - ausgegangen ist. Der Beklagte hat in diesem Zusammenhang darauf verwiesen, dass die AI HD Gewalt bei der politischen Auseinandersetzung propagiere.

Unabhängig von der Frage, ob dies durch die wiedergegebenen Äußerungen hinreichend belegt wird, lässt der Beklagte unberücksichtigt, dass der Kläger in seiner (im Widerspruchsbescheid wiedergegebenen) Stellungnahme ausführlich dargelegt hat, dass er Gewalt gegen Menschen und Sachen immer deutlich verurteilt und abgelehnt hat. Dies wird nicht dadurch in Zweifel gezogen, dass er sich gleichzeitig zur Militanz bekannt hat. Denn er hat dies dahingehend näher erläutert, dass Militanz für ihn eine entschlossene, widerständische Haltung bedeute, die nicht vor Konfrontationen zurückschrecke. Diese Auffassung hat der Kläger an einem Beispiel verdeutlicht: Wenn Neonazis einen Aufmarsch durchführten, halte er es nicht für sinnvoll, Kilometer weit davon entfernt sein Missfallen zu bekunden, sondern stattdessen vor Ort deutlich seinen Protest kundzutun und ihnen zu zeigen, dass sie nicht erwünscht seien. Dieses Verständnis des Begriffs „Militanz" (vgl. auch Duden, Die deutsche Rechtschreibung, 24. Aufl., militant: kämpferisch) kann - zumal im Zusammenhang mit der gleichzeitigen Verurteilung von Gewalt, für die ein Gegenbeispiel in Wort oder Tat in der Person des Klägers nicht erkennbar ist - nicht mit einem Bekenntnis zur Gewalt gleichgesetzt werden.



Hier sind auch die grundrechtlichen Anforderungen des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG zu berücksichtigen, die es gebieten, dass eine Äußerung unter Einbeziehung ihres Kontextes ausgelegt und ihr kein Sinn zugeschrieben wird, den sie objektiv nicht haben kann. Bei mehrdeutigen Äußerungen ist es erforderlich, sich im Bewusstsein der Mehrdeutigkeit mit den verschiedenen Deutungsmöglichkeiten auseinanderzusetzen und für die gefundene Lösung nachvollziehbare Gründe anzugeben (BVerfG, Urteil vom 12.12.2000 - 1 BvR 1762/95 u.a. -, BVerfGE 102, 347, m.w.N.).

Der Beklagte hat zwar zu Recht nicht allein auf die Mitgliedschaft des Klägers in der AI HD abgestellt. Aber auch die Annahme eines herausragenden Engagement für die AI HD ist nicht gerechtfertigt. Für die AI HD hat der Kläger bei der Kundgebung am 16.11.2003 (Nr. 19) die Namen der gefallenen Widerstandskämpfer verlesen. Soweit ihm auch angelastet wird, Demonstrationen angemeldet zu haben (Nr. 5 und 13), ist schon nicht erkennbar, dass er dies im Namen und Auftrag der AI HD getan hat. Kann schon danach von einem hervorstechenden Engagement für die AI HD nicht die Rede sein, so bedarf es keiner weiteren Vertiefung der Frage ihrer Verfassungswidrigkeit (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 18.05.2001, a.a.O.). Der Senat bemerkt indes, dass es sich bei der AI HD nicht um eine festgefügte, auf ein bestimmtes Programm eindeutig festgelegte Gruppierung handelt (und ebenso wenig um eine Gruppierung, die ihre Mitglieder auf ein Parteiprogramm verpflichtet; vgl. dazu BVerwG, Urteile vom 09.06.1981 und vom 22.04.1977, jeweils a.a.O.), sondern - wie sich aus ihrer Selbstdarstellung ergibt und durch die Angaben des Klägers belegt wird - um einen Zusammenschluss von Menschen unterschiedlichster Couieur.



Der Kläger hat dazu erklärt, dass der Text „Wir über uns!" eine Art Plattform darstelle, unter der sich Menschen sehr unterschiedlicher politischer und weltanschaulicher Überzeugung zu einem bestimmten Zweck organisierten, nämlich um der fortschreitenden Rechtsentwicklung in unserer Gesellschaft etwas entgegenzusetzen. Die Aussagen des Textes seien daher bewusst abstrakt und allgemein gehalten. Ihre Konkretisierung erführen sie in der Praxis der AI HD und vor allem jedes einzelnen Gruppenmitglieds. Die Art und Weise, wie die AI HD ihre Entscheidungen gestalte, sei basisdemokratisch. Von einem Anspruch, unsere gesamte Gesellschaftsordnung dem Prinzip der Basisdemokratie unterzuordnen, sei ausdrücklich nicht die Rede. Die AI HD wende sich nicht gegen Parlamente und Parteien, insbesondere nicht gegen die Ausübung einer parlamentarischen Opposition. Im Text sei ausdrücklich von parteiunabhängiger Arbeit die Rede, die es den einzelnen Gruppenmitgliedern offen lasse, ob sie sich zusätzlich in Parteien engagieren wollten.



Auch mit diesen Angaben des Klägers hat sich der Beklagte nicht auseinandergesetzt und diese nicht gewürdigt. Auch hat er nicht hinreichend in den Blick genommen, dass für die Annahme der verfassungsfeindlichen Zielsetzung einer Organisation - zumal einer lokalen Organisation mit fehlender Organisationsstruktur - eindeutige Anhaltspunkte in ausreichender Evidenz und Dichte erforderlich sind (BVerwG, Urteil vom 18.05.2001, a.a.O.). Hier aber hat der Beklagte insbesondere einzelne Äußerungen - nicht des Klägers - in Publikationen und auf Veranstaltungen angeführt, die schon das Merkmal der Evidenz und Dichte nicht erfüllen dürften. Abgesehen davon sind insoweit auch die verfassungsrechtlichen Vorgaben hinsichtlich der Inhalte einer auf einer Versammlung geäußerten Meinung zu berücksichtigen und die Grundsätze der Einschränkungsmöglichkeit des für eine freiheitliche demokratische Staatsordnung schlechthin konstituierenden Rechts der freien Meinungsäußerung. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gilt die Vermutung zugunsten freier Rede in öffentlichen Angelegenheiten. Die Bürger, die nicht wie Beamte Einschränkungen aus Art. 33 Abs. 5 GG unterliegen, sind in der pluralistischen Demokratie grundsätzlich auch frei, grundlegende Wertungen der Verfassung in Frage zu stellen oder die Änderung tragender Prinzipien zu fordern. Eine Grenze besteht nach Art. 5 Abs. 2 GG, soweit Meinungsäußerungen auf verfassungsgemäße Weise rechtlich verboten, insbesondere unter Strafe gestellt sind (vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 26.01.2006 - 1 BvQ 3/06 -, NVwZ 2006, 585, m.w.N.). Weiter ist zu berücksichtigen, dass Meinungsäußerungen, die auf gesellschaftlich und politisch relevante Themen hinweisen, den Schutz des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG in besonderem Maße genießen. Auch das (bloße) Anprangern eines Missstandes kann ein wesentlicher Beitrag zur freien geistigen Auseinandersetzung sein.



Der Grundrechtsschutz aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG besteht unabhängig davon, ob eine Äußerung rational oder emotional, begründet oder grundlos ist und ob sie von anderen für nützlich oder schädlich, wertvoll oder wertlos gehalten wird (BVerfG, Urteil vom 12.12.2000, a.a.O.).

Der Beklagte hat nach alledem eine neue, selbständige, maßgebend auf die Person des Klägers bezogene Abwägung auf der Grundlage des derzeitigen Gesamtbildes vorzunehmen, bei der auch dem jüngeren Verhalten ein höheres Gewicht zukommt (vgl. BVerwG, Urteil vom 09.06.1983, a.a.O.). Dabei wird der Beklagte auch zu berücksichtigen haben, dass der Kläger im Jahre 2004 wegen seines Engagements in der offenen Kultur- und Jugendarbeit zur Verleihung der Bürgerplakette der Stadt Heidelberg vorgeschlagen war und die Oberbürgermeisterin der Stadt Heidelberg diesem Vorschlag zugestimmt hatte.

Der Berufung war somit in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang stattzugeben. Keiner Entscheidung bedarf danach, ob die angegriffenen Bescheide des Beklagten im vorliegenden Fall auch gegen europa- bzw. völkerrechtliche Bestimmungen verstoßen.



Auch eine Beweiserhebung war danach nicht geboten. Soweit der Kläger Zeugenbeweis beantragt hat (Beweisanträge l - III), sind die unter Beweis gestellten Tatsachen zwischen den Beteiligten nicht streitig. Es war auch kein Sachverständigengutachten dazu einzuholen (Beweisantrag IV), dass es in Staat und Gesellschaft Kontinuitäten zwischen Drittem Reich und Bundesrepublik Deutschland gegeben hat, deren Benennung und Bekämpfung daher keine Diffamierung des Staates darstellt. Abgesehen davon, dass die vom Kläger unter Beweis gestellte Bewertung dem Sachverständigenbeweis nicht zugänglich und der Beweisantrag auch inhaltlich bereits zu unbestimmt ist, ist er, wie sich aus den vorangegangenen Ausführungen ergibt, für die Entscheidung des Rechtsstreits unerheblich. Eine dem Beweis nicht zugängliche Bewertung wird auch mit dem Beweisantrag V dargetan, dem zudem ebenfalls wegen Unerheblichkeit nicht nachzugehen war. Der Senat hat keinen Anlass gesehen, die Akten des innenministeriums zum vorliegenden Fall beizuziehen (Beweisantrag VI). Ob sie Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Ablehnung der Einstellung des Klägers von dort aus veranlasst worden ist, ist unerheblich. Schließlich hat der Senat auch keinen Anlass gesehen (Beweisantrag VII), eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs zu der Frage einzuholen, wie der in der Richtlinie 2000/78/EG verwendete Begriff „Weltanschauung" zu verstehen ist. Auch darauf kommt es für den vorliegenden Rechtsstreit nicht an.



Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO.



Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.



Rechtsmittelbelehrung



Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.

Die Beschwerde ist beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Schu

bertstraße 11, 68165 Mannheim oder Postfach 10 32 64, 68032 Mannheim, innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils zu begründen. (...)



Brockmann Dr. Breuning Feldmann