Erwartungsgemäß lehnt das Schulamt für den Kreis Bergstraße und den Odenwaldkreis den Widerspruch Michael Csaszkóczys ab. Die Begründung ist weitestgehend wörtlich und inklusive sinnentstellter Zitate aus der Urteilsbegründung des Verwaltungsgerichts übernommen.
7.Juni 2006
Widerspruchsbescheid:
Der Widerspruch wird zurückgewiesen.
Gründe:
Mit Datum vom 1. August 2005 beantragte Ihr Mandant seine Einstellung in den Hessischen Landesdienst. Er wurde am 6. Mai 1970 in Heidelberg geboren und ist deutscher Staatsangehöriger In seiner Heimatstadt erhielt er am 12. Mai 1989 das Zeugnis der allgemeinen Hochschulreife. Nach einem nicht zu Ende geführten Universitätsstudium begann er im Sommersemester 1996 an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg ein Lehramtsstudium im Fach Geschichte mit den Nebenfächern Deutsch und Kunst. Am 3. Juli 2000 bestand er die Erste Staatsprüfung für das Lehramt an Realschulen mit der Note gut (1,5). Nach Ableistung des Vorbereitungsdienstes bestand er am 24. Juli 2002 die Zweite Staatsprüfung für das Lehramt an Realschulen mit der Gesamtnote gut (2,0). Mit Schreiben meiner Behörde vom 25. August 2005 wurde ihm in Aussicht gestellt, „ unter der Voraussetzung" zum nächstmöglichen Zeitpunkt als Beamter eingestellt zu werden, dass er die „ allgemeinen Einstellungsvoraussetzungen " erfüllt.
Am 2. September 2005 wurde bekannt, dass Ihr Mandant Mitglied in der Antifaschistischen Initiative Heidelberg (AIHD) ist.
Ihm wurde daraufhin mit Schreiben vom 7. September 2005 im Rahmen der Überprüfung der persönlichen Eignung Gelegenheit gegeben, sich dazu zu äußern, ob er Mitglied der AIHD ist bzw. War.
In seiner Stellungnahme vom 13. September 2005 räumte Ihr Mandant ein, innerhalb der AIHD politisch aktiv gewesen zu sein. Er würde sich zu den in § 4 Bundesverfassungsschutzgesetz genannten Prinzipien bekennen und hätte sich in der Vergangenheit auch dafür eingesetzt. Besonders engagiert hätte er sich gegen die Abschaffung des Asylrechts und das Verbot eines Angriffskrieges. Zudem gäbe es keine Beschwerden über sein dienstliches Verhalten im Rahmen des Referendariates. Das Schreiben des Staatlichen Schulamtes vom 25. August 2005 sei im Übrigen eine verbindliche Einstellungszusage gewesen.
Mit Bescheid vom 2. März 2006 wurde eine Einstellung abgelehnt, und zwar aufgrund des Bekenntnisses zur aktiven Mitgliedschaft in der AIHD, die Ihr Mandant im Wesentlichen als zutreffend eingeräumt hatte, sowie aufgrund seiner Äußerungen den deutschen Staat und die freiheitlich-demokratische Grundordnung betreffend . Daher verblieben Zweifel an seiner Verfassungstreue. Dies gelte insbesondere auch, weil er sich ausdrücklich zur Militanz als legitimem Mittel im „Kampf um die Befreiung“ sowie zu den anderen verfassungsfeindlichen Zielen dieser Organisation aktiv bekenne und bekannt hätte. Die AIHD stelle sich selbst als eine Gruppe dar, die davon überzeugt sei, dass auf parlamentarischem Weg an den „herrschenden Unterdrückungsverhältnissen“ nichts Grundlegendes geändert werden würde. Folgerichtig wäre es bei den Aktivitäten der AIHD mehrfach zu Ausschreitungen gekommen.
Den Beweis für diese Behauptung bleibt das Schulamt nach wie vor schuldig.
Wer aber das System der Parlamentarischen Demokratie und das Gewaltmonopol des Staates über ein Jahrzehnt hinweg bekämpfe, begründe Zweifel an seiner Verfassungstreue. Ihr Mandant hätte diese Zweifel nicht ausräumen können. Dies mache ihn für den öffentlichen Schuldienst ungeeignet.
Sie legten dagegen mit Schreiben vom 5. April 2006 Widerspruch ein. Von einer ausführlichen Begründung hätten Sie abgesehen, weil davon ausgegangen werden müsse, dass die wohl auf höchster Ebene getroffene Entscheidung im Widerspruchsverfahren nicht geändert werden würde. Gleichwohl wollten Sie festhalten, dass Ihr Mandant erklärt habe, er wolle seinen Dienst verfassungstreu absolvieren - innerdienstliche Verfehlungen wären ihm auch im Rahmen des Referendariates nicht vorgeworfen worden. Das radikale politische Engagement dürfe man ihm nicht vorwerfen; vielmehr müsse neben der Mitgliedschaft in einer verfassungsfeindlichen Organisation auch das andere Verhalten der jeweiligen Person miteinbezogen werden. Schließlich sei zu beachten, dass die AIHD im Verfassungsschutzbericht des Jahres 2004 keine Erwähnung mehr finden würde. Daraus müsse man ableiten, dass die Gruppierung auch vom Verfassungsschutz nicht mehr als verfassungsfeindlich eingestuft würde.
II.
Der Widerspruch ist zwar zulässig, aber nicht begründet. Aufgrund einer nochmaligen Überprüfung steht zu meiner Überzeugung fest, dass der angefochtene Bescheid rechtmäßig ist.
Der ablehnende Bescheid vom 2. März 2006 ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die negative Eignungsbeurteilung hält der Überprüfung im Widerspruchsverfahren stand. Ihr Mandant hat keinen Anspruch auf Einstellung als Beamter auf Probe in den hessischen Schuldienst.
Ausgangspunkt der rechtlichen Beurteilung ist § 7 Abs. l Ziff. 2 HBG. Nach dieser Vorschrift darf in das Beamtenverhältnis nur berufen werden, wer die Gewähr dafür bietet, dass er jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes eintritt (vgl. BVerfG, Beschl. V. 22. Mai 1975, Az.: 2 BvL 13/73, Leitsatz Nr. 4). Dabei handelt es sich nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. zuletzt Beschluss vom 24.09.2003 - 2 BvR 1436/02 -) und des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 27.11.1980, DRiZ 1981, 231 f.) um eine bundesverfassungsrechtlich vorgegebene, durch den zuständigen Beamtengesetzgeber konkretisierte Eignungsvoraussetzung, Die Pflicht des Beamten zu Verfassungstreue ist ein hergebrachter Grundsatz des Berufbeamtentums in Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG. Dieses Erfordernis gilt für jedes Beamtenverhältnis, auch für das Beamtenverhältnis auf Probe.
Die beamtenrechtliche Regelung des § 7 Abs. l Ziff. 2 HBG verstößt, wie in der höchstrichterlichen Rechtsprechung wiederholt ausgesprochen worden ist, nicht gegen Grundrechte der Beamtenbewerber (BVerfGE 39, 334 f.;BVerwGE 47, 330, 365).
Auch die Europäische Menschenrechtskonvention steht einer solchen Eignungsvoraussetzung für die Einstellung in den öffentlichen Dienst nicht entgegen (EGMR, Fall Vogt gegen Deutschland, Az: 7/1994/454/535, v. 26. September 1995, NVwZ 96, 365). Das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte bezieht sich ausdrücklich nicht auf (Beamten-)Bewerber: „Der Gerichtshof wiederholt, dass das Recht auf Einstellung im öffentlichen Dienst absichtlich nicht in die Konvention aufgenommen wurde. Dementsprechend kann die Weigerung, eine Person zum Beamten ernennen, nicht als solche die Grundlage für eine Beschwerde gemäß der Konvention darstellen.“
Im vorliegenden Fall konnte Ihr Mandant die an seiner Verfassungstreue bestehenden Zweifel nicht ausräumen.
Er ist deshalb aus persönlichen Gründen nicht geeignet, in das Beamtenverhältnis übernommen zu werden.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes kann ein Teil des Verhaltens, das für die Beurteilung der Persönlichkeit eines Beamtenanwärters erheblich sein kann, auch der Beitritt oder die Zugehörigkeit zu einer politischen Partei sein, die verfassungsfeindliche Ziele verfolgt -unabhängig davon, ob ihre Verfassungswidrigkeit durch Urteil des Bundesverfassungsgerichts festgestellt ist oder nicht (vgl. BVerfG, Beschl. v. 22. Mai 1975, Az: 2 BvL 13/73, Leitsatz Nr. 8). Diese Voraussetzungen liegen hier vor, denn Ihr Mandant ist führendes Mitglied in der Antifaschistischen Initiative Heidelberg (AIHD), die als verfassungsfeindliche Organisation anzusehen ist und an deren Aktionen und Veranstaltungen er sich in den letzten Jahren regelmäßig in leitender Funktion beteiligt hat.
Die AIHD ist eine verfassungsfeindliche Organisation, da sie als wesentliche Ziele solche benennt, die gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung gerichtet sind. Die AIHD hat diese freiheitlich demokratische Grundordnung über mehrere Jahre hinweg und bis in jüngste Zeit bekämpft.
Sie stellt sich selbst als eine Gruppe dar, die davon überzeugt ist, dass sich auf parlamentarischem Weg an den herrschenden „ Unterdrückungsverhältnissen " nichts Grundlegendes ändern werde („www.autonomes-zentrum.org/ai/selbstdarst.htm", siehe auch S. 89 ff, 105 ff., 109 ff. Verfassungsschutzbericht Baden-Württemberg 2002, S. 244 Verfassungsschutzbericht Baden-Württemberg 2003):
„Da wir unsere eigenen Interessen nicht an andere delegieren wollen und davon überzeugt sind, dass sich auf parlamentarischem Weg an den herrschenden Unterdrückungsverhältnissen nichts Grundlegendes ändern lässt, arbeiten wir parteiunabhängig und basisdemokratisch in der außerparlamentarischen Opposition. [..] Um linksradikale Forderungen als aktuelle Alternativen zum existierenden Herrschaftssystem wieder zu einem wahrnehmbaren Faktor werden lassen zu können, ist ein wichtiges Mittel unserer Politik die Öffentlichkeitsarbeit.“
Antifaschismus als Deckmantel für den Kampf gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu benutzten, ist dabei ein häufig zu beobachtende Erscheinung vieler linksextremistischer Organisationen (Verfassungsschutzbericht Hessen 2005, S. 120):
„Der Themenbereich „Antifaschismus" behielt für Linksextremisten seine herausgehobene Bedeutung. Da diese dem Kampf gegen ,,Rechts" mit dem Kampf gegen das ,,Ganze", d. h. gegen den demokratischen Rechtsstaat gleichsetzen, richtet sich der Faschismusvorwurf der Linksextremisten auch gegen die Bundesrepublik Deutschland und ihre Repräsentanten; die Wurzeln des Faschismus werden in der „bürgerlichen Klassengesellschaft" gesehen. Demokratie und Faschismus sicherten die Macht des Kapitals. „Antifaschismus" wird so instrumentalisiert, um die Revolution voranzutreiben.“ Die Beurteilung der gesellschaftlichen Verhältnisse in Deutschland als „Unterdrückung“ macht deutlich, dass sich die AIHD nicht nur selbst als linksradikale Organisation darstellt, sondern die Bundesrepublik Deutschland selbst als Staat ablehnt.
(...)
Deutlich wird die Ablehnung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung auch in der Einstellung der AIHD zum staatlichen Gewaltmonopol. Bei den Aktivitäten der AIHD kommt es nämlich immer wieder zu Ausschreitungen.
- wieder keinerlei Beleg!
Das System der parlamentarischen Demokratie und das (grundsätzliche) Gewaltmonopol des Staates zählen aber zu den wesentlichen Merkmalen der freiheitlich-demokratischen Grundordnung.
Ihr Mandant ist auch über einen langen Zeitraum - von 1992 bis ins Frühjahr 2006 - aktives Mitglied der linksextremistischen Szene und der AIHD gewesen.
Die mit seiner schriftlichen Zustimmung ausgewerteten Teile der Referendarpersonalakten aus Baden-Württemberg ergeben, dass er Mitglied der AIHD ist. Auf mein Schreiben vom 7. September 2005 hat er zudem in seiner Stellungnahme vom 13. September 2005 zugegeben, Mitglied der AIHD gewesen zu sein:
„Es ist aber richtig, dass ich im Rahmen der Antifaschistischen Initiative politisch aktiv war."
Außerdem hat er sich in Interviews selbst als Mitglied der AIHD bezeichnet:
„ Vielmehr spitzte sich das Verhör auf die simple Frage zu: „ Sind Sie Mitglied der Antifaschistischen Initiative Heidelberg? " Als ich diese ohnehin öffentlich bekannte Tatsache bejahte, war die Entscheidung für die Kommissionsmitglieder offensichtlich bereits gefallen. Mir wurde dann eine Selbstdarstellung der AIHD vorgelegt, mit der Aufforderung, mich dazu zu bekennen, oder mich davon zu distanzieren. Dies habe ich in dieser pauschalen Form abgelehnt (DIE ROTE HILFE Nummer 2/2004; Zeitung der Roten Hilfe e.V.). "
Ihr Mandant war jedoch nicht nur Mitglied, sondern hat in der AIHD führende Funktionen übernommen. Das für die Feststellung eines Mangels an Verfassungstreue erforderliche Minimum an Gewicht und Evidenz steht nach diesen Erkenntnissen außer Zweifel, da er sich über mehrere Jahre in Führungspositionen, durch Reden und andere Publikationen für eine Organisation mit verfassungsfeindlicher Zielsetzung eingesetzt hat. Auch wenn man zu seinen Gunsten unterstellt, dass er selbst gruppenintern verfassungskonforme Ziele verfolgt haben mag, wird dadurch das Gesamtbild nicht verändert (vgl. dazu: BVerwG, Urt. Vom 18. Mai 2001, Az: 2 Wd 42/00, 2 WD 43/00). Entscheidend ist, dass er herausgehobener Repräsentant der AIHD war und ist.
Auch in den beiden vergangenen Jahren hat Ihr Mandant sich mehrfach und fortgesetzt an Veranstaltungen der AIHD beteiligt (vgl. seinen Redebeitrag auf der Demonstration vom 29. Januar 2005, http://www.gegen-berufsverbote.de/lib/presseerklaerungen/redemc290105.html; siehe auch http://www.gegen-berufsverbote.de/lib/presseerklaerungen/mcl50904.html).
Die genannten Reden beschäftigen sich ausnahmslos mit dem gegen Csaszkóczy verhängten Berufsverbot. Fazit: Wer sich gegen das Berufsverbot wehrt, ist ein Staatsfeind. Quod erst demonstrandum!
Die an seiner Verfassungstreue bestehenden Zweifel konnte er nicht ausräumen.
Ihr Mandant hat sich ausdrücklich zur Militanz als „legitime [m] Mittel im Kampf um die Befreiung" und zu den Zielen der Organisation aktiv durch Sprecherfunktionen, wiederholte Teilnahme an Demonstrationen und Kundgebungen bekannt. Dies ergibt sich auch aus seiner Stellungnahme vom 28. April 2004, in der es heißt:
„Insbesondere wurde von mir verlangt, mich von einer Textpassage zu distanzieren, die lautet: "Militanz, die sich durch angemessene Zielgerichtetheit, permanente Selbstreflexion, konsequente Abwägung und hohes Verantwortungsbewusstsein der Agierenden auszeichnet, betrachten wir als ein legitimes Mittel im Kampf um Befreiung". [..] Eine solche Haltung ist für mein politisches Verständnis tatsächlich eine Selbstverständlichkeit.“
Gerade gegen rechtsextreme Demonstrationen ruft die AIHD regelmäßig zum ,, Widerstand“ auf; dieser wird häufig durch gewaltbereite Aktivisten organisiert.
Dabei ignoriert die AIHD bewusst, dass...
,,... Gewalt von "links“ [..] keine verfassungsrechtliche hinnehmbare Antwort auf eine Bedrohung der rechtsstaatlichen Ordnung von "rechts“ [ist]. Drohen Gewalttaten als Gegenreaktion auf Versammlungen, so ist es Aufgabe der zum Schutz der rechtsstaatlichen Ordnung berufenen Polizei, in unparteiischer Weise auf die Verwirklichung des Versammlungsrechts hinzuwirken.“ BVerfG, Urteil vom 18.08.2000 - l BvQ 237 00]
Auch die Aussage Ihres Mandanten in seinem Schreiben vom 13. September 2005 sind nicht geeignet, diese Zweifel auszuräumen, da er sich von der aktiven Mitgliedschaft in der AIHD überhaupt nicht distanziert hat. Es genügt auch nicht die dort abgegebene Erklärung zu den im Bundesverfassungsschutzgesetz genannten Prinzipien. Auch eine Erklärung, die politischen Ziele nur mit verfassungsrechtlich zulässigen Mitteln erreichen zu wollen, reicht nicht aus, Zweifel an der Verfassungstreue auszuräumen (BAG, Urt. v. 5. März 1980, Az: 5 AZR 604/78)
Im Übrigen reicht die Erklärung im Schreiben vom 13. September 2005 nicht aus, um die durch umfangreiche Aktivitäten dokumentierte, offensichtlich ablehnende Einstellung Ihres Mandanten zur Verfassung in einem anderen Licht erscheinen zu lassen. Das Bekennen und das Eintreten eines Beamtenbewerbers für die freiheitlich-demokratische Grundordnung verlangt von diesem mehr als nur eine formal korrekte Haltung gegenüber dem Staat und seiner Verfassung. Im Gegenteil muss er sich aktiv zu verfassungsrechtlichen Ordnung bekennen und aktiv für diese eintreten. Die Treuepflicht gebietet, den Staat und seine geltende Verfassungsordnung, auch soweit sie im Wege einer Verfassungsänderung veränderbar ist, zu bejahen (BVerfG, a.a.O; BVerwGE 47, 330, 338): „Die politische Treuepflicht fordert mehr als nur eine formal korrekte, im übrigen uninteressierte, kühle, innerlich distanzierte Haltung gegenüber Staat und Verfassung; sie fordert vom Beamten insbesondere, dass er sich eindeutig von Gruppen und Bestrebungen distanziert, die diesen Staat, seine verfassungsmäßigen Organe und die geltende Verfassungsordnung angreifen, bekämpfen und diffamieren. Vom Beamten wird erwartet, dass er diesen Staat und seine Verfassung als einen hohen positiven Wert erkennt und anerkennt, für den einzutreten sich lohnt. Politische Treuepflicht bewährt sich in Krisenzeiten und in ernsthaften Konfliktsituationen, in denen der Staat darauf angewiesen ist, dass der Beamte Partei für ihn ergreift. "
Diesen Anforderungen genügt Ihr Mandant nicht. Zu der umfassenden Treuepflicht des Beamten gehört als Kern die Pflicht, sich mit der Idee der freiheitlichen demokratischen, rechts- und sozialstaatlichen Ordnung dieses Staates zu identifizieren, dem er als Beamter dienen soll (BVerfGE 39, 334 347 f.; BVerwGE 55, 332, 337). In diesem Sinne ist der Dienst des Beamten unter der Geltung des Grundgesetzes immer Dienst an seiner freiheitlichen demokratischen Grundordnung und zwar so, wie sie in über 50 Jahren Verfassungswirklichkeit und Verfassungsentwicklung gelebt und gesichert worden ist. Die Verfassungstreuepflicht gebietet dem Beamten zwar nicht, sich mit den Zielen oder einer bestimmten Politik der jeweiligen Regierung zu identifizieren. Sie schließt auch nicht aus, Kritik an Erscheinungen des Staates üben zu dürfen, solange eben nicht dieser Staat und seine verfassungsmäßige Ordnung in Frage gestellt werden. Das damit geforderte positive Eintreten des Beamten für seinen Staat und dessen Ordnung fehlt aber auch, wenn bei der Beschreibung der Verfassungswirklichkeit sowie der wirklichen politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Bundesrepublik an die Stelle des kritischen Urteils mit Augenmaß eine Darstellung tritt, die im einzelnen kritikwürdige Zustände bewusst entstellt und überspitzt verallgemeinert, begleitet von einer Diffamierung der Einrichtungen des Staates und bestimmter relevanter Gruppen (Parteien), sodass der Eindruck entstehen muss, diese allenthalben bestehenden Missstände hätten letztlich ihre Ursache in der Grundordnung selbst, am Maßstab praktischer Bewährung gemessen sei sie also untauglich. Auf diese Weise wird ein Klima geschaffen, in dem - möglicherweise sogar auf Gewaltanwendung zielende - Neigungen gedeihen, diese Grundordnung als in ihren Auswirkungen unerträglich zu beseitigen (BVerwG, Urteil vom 27,11.1980, a.a.O.).
Die Mitglieder einer Gruppierung, die davon überzeugt ist, dass sich auf „parlamentarischem Weg an den herrschenden Unterdrückungsverhältnissen nicht Grundlegendes ändern werde" (vgl. oben), werden dem Staat keinerlei positive Wertschätzung entgegenbringen. Vielmehr darf es bei diesen Formulierungen als hinreichend belegt gelten, dass Ihr Mandant als Mitglied dieser Gruppierung dem Staat ablehnend gegenübersteht. Dass er in einer Krisensituation Partei für die Bundesrepublik Deutschland ergreift, ist daher nicht zu erwarten.
In jüngster Zeit hat Ihr Mandant auf einer Demonstration der AIHD und der GEW ,,gegen Berufsverbote" am 25. März 2006 in Karlsruhe seine Einstellung zum deutschen Staat hinreichend konkretisiert (vgl. www.gegen-berufsverbote.de):
„ In Deutschland über Faschismus zu reden heißt noch immer, im Haus des Henkers über den Strick zu reden. "In der Selbstdarstellung der AIHD wird die gleiche Ansicht vertreten; es wird davon gesprochen, dass in den staatlichen Strukturen „gesellschaftlicher Unterdrückung“ die deutsche nationalsozialistische Vergangenheit verharmlost und ,,normalisiert“ werde. Diese ,,Kontinuität zwischen nationalsozialistischem Staat und der Bundesrepublik Deutschland“ habe die AIHD auf ihre Tagesordnung gesetzt und wolle sie „militant“ bekämpfen ( www.autonomeszentrum.org/ai/selbstdarst.htm).
Dieser Zusammenhang findet sich an der angegebenen Stelle nicht. Wer will, lese einfach nach!
Mit solchen Ausführungen werden die Grenzen einer legitimen Kritik unseres Staates und seiner Verfassung mit Augenmaß weit überschritten. Hier wird die Bundesrepublik Deutschland haltlos angegriffen und diffamiert, es wird kaum verhüllt zum Kampf gegen die Grundlagen unseres Staates und die ihn tragende Gesellschaft aufgerufen. Es ist geradezu das Kennzeichen unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung, dass sie mit der extrem autoritären, im Rechtswesen völlig willkürlich und insgesamt menschenfeindlichen Staatsordnung des so genannten Dritten Reiches radikal gebrochen hat und eine in jeder Hinsicht gegenteilige Ordnung verwirklicht. Wer dies grundsätzlich leugnet, wendet sich gegen diese Verfassung.
Solchen Bestrebungen gegenüber verlangt die Verfassungstreuepflicht vom Beamten eine eindeutige ablehnende Haltung. Er muss sich kompromisslos von Gruppen distanzieren, die diesen Staat, seine verfassungsmäßigen Organe und die geltende Verfassungsordnung angreifen, bekämpfen und diffamieren (BVerfGE 39, 348). Dabei ist es unerheblich, mit welchem angeblich moralischen Anspruch dies getan wird. Ihr Mandant hat nicht in dem hier erforderlichen Umfang distanziert.
Da er sich immer noch an Veranstaltungen der AIHD aktiv beteiligt, sind auch keine Hinweise auf eine Änderung seiner persönlichen Eignung ersichtlich.
Gegen die Ablehnung, Ihren Mandanten in den Schuldienst einzustellen, kann nicht eingewandt werden, er habe extreme politische Meinungen, die unseren Staat und seine Verfassung diskreditieren, bisher als Lehrer nie vertreten und es gäbe keinen Anlass, dies in Zukunft zu vermuten. Dem ist entgegenzuhalten, dass eine formal korrekte Haltung seiner Beamten gegenüber dem Staat nicht ausreichend ist. Mit seiner freiheitlichen demokratischen Grundordnung stellt unser Staat einen hohen positiven Wert da, den ein Beamtenbewerber erkennen und anerkennen muss. Der Staat ist darauf angewiesen, dass seine Beamten für ihn uns seine Grundordnung Partei ergreifen. Dies gilt im Besonderen für Lehrer, die - wie der Widerspruchsführer es will - die heranwachsenden Generationen in der Landesprache, in Geschichte und Gemeinschaftskunde unterrichten. Der Beamte muss in seiner beruflichen Tätigkeit die bestehenden verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Vorschriften beachten und erfüllen und sein Amt aus dem Geist dieser Vorschriften heraus, führen (BVerfGE 349, 348), insbesondere als Lehrer im Unterricht auch die Grundwerte und Grundentscheidungen der Verfassung glaubhaft vermittelt. Nach dem Vorhergesagten gibt es im vorliegenden Fall genügend Anhaltspunkte, dass Ihr Mandant dafür nicht genügend Gewähr bietet. Dadurch, dass die AIHD namentlich im Verfassungsschutzbericht des Landes Baden - Württemberg aus dem Jahr 2004 nicht mehr genannt wird, sie nicht zu einer verfassungstreuen Organisation. Grundlage dafür, eine Organisation als verfassungsfeindlich ansehen zu müssen, ist nicht nur der Verfassungsschutzbericht. Eine Nichterwähnung kann auch daraus folgen, dass die fragliche Organisation sich im Berichtsjahr mit Aktionen zurückgehalten hat oder die Mitglieder in anderen Organisationen aktiv tätig waren. So haben sich nicht wenige Mitglieder der AIHD für andere linksextreme Organisationen wie die „ Rote Hilfe" oder das ,,Solidaritätskomitee gegen das Berufsverbot" engagiert:
,,Ein Schwerpunkt der Aktivitäten der ,,Roten Hilfe e.V. " -war im Jahr 2004 die Kampagne gegen fälschlich so bezeichnete „Berufsverbote ".
An der Kampagne waren unter anderem das ,, Solidaritätskomitee gegen das Berufsverbot" in Heidelberg und die dortige Ortsgruppe der ,,Roten Hilfe e. V. " maßgeblich beteiligt. Letztere zeichnete neben Plakatentwürfen auch für die Erstellung von Protestpostkarten verantwortlich. Finanziert wurde die Kampagne von der Bundesorganisation, die zu diesem Zweck ein bundesweites Spendenkonto einrichtete. Ab September 2004 wurde die Kampagne bundesweit forciert. Mir Unterstützung zahlreicher, überwiegend linksextremistischer Organisationen wurde für den 23. Oktober 2004 zu einer bundesweiten Demonstration in Heidelberg aufgerufen, an der circa 500 Personen teilnahmen."
Die Monatsschrift der AIHD „break-out“ wird zudem im Verfassungsschutzbericht 2004 zitiert (vgl. S. 216). Das Selbstverständnis der AIHD wird auch durch folgendes Zitat aus dem „break-out“, Nr. 4/2004, deutlich:
„Der autoritären gesellschaftlichen Formierung versuchen linke Einrichtungen praktische Alternativen und Ausgangspunkte für Widerstand entgegenzustellen.“
Von einer Umkehr in den Auffassungen oder einer Änderung des Selbstverständnisses kann daher nicht gesprochen werden - dafür fehlt überhaupt jeglicher Hinweis.
Dass Ihr Mandant persönlich seine Meinung geändert hätte, ist ebenso wenig ersichtlich. Er selbst wird im Verfassungsschutzbericht 2004 erwähnt (vgl. S. 204f.):
„Hintergrund war die Nichteinstellung eines Lehramtskandidaten in den öffentlichen Dienst. Der ,,Rote-Hilfe“-Aktivist aus Heidelberg hatte Anlass zu Zweifeln an seiner Verfassungstreue gegeben. Nach § 6 Abs. l Nr. 2 des Landesbeamtengesetztes Ba-den-Württemberg darf in das Beamtenverhältnis nur berufen werden, wer die Gewähr dafür bietet, jederzeit für freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes einzutreten.“
Schließlich hat es eine verbindliche Einstellungszusage, wie Ihr Mandant in dem Schreiben vom 13. September 2005 ausfuhrt, seitens meiner Behörde nicht gegeben. Das Schreiben vom 25. August 2005 war - wie es gängige Verwaltungspraxis ist - unter den ausdrücklichen Vorbehalt gestellt, dass der Bewerber die allgemeinen beamtenrechtlichen Vorraussetzungen erfüllt. Genau diesen Anforderungen genügt Ihr Mandant aber nach dem Vorgenannten nicht.
Der Widerspruch war daher zurückzuweisen.
(...)
Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag .
gez.
Fink-Küchenhoff