Redebeitrag der AIHD auf der Kundgebung am 29.1.2005
Seit der offiziellen Verhängung im vergangenen Sommer ist es klar: die tot geglaubten Berufsverbote der 1970er und 80er Jahre feiern fröhliche Urständ.
Von dieser Repressionsform ist mit Michael Csaszkóczy ein politischer Aktivist betroffen, der einen Großteil seiner Arbeit dem Kampf gegen alte und neue Nazis widmete.
Wie wichtig engagierter Antifaschismus ist, lässt sich an den zunehmenden Nazi-Aktivitäten auch hier in der Region beobachten, die durch die Erfolge der Stiefelfaschisten auf der Straße und der NPD bei den jüngsten Landtagswahlen in Sachsen ermutigt wurden.
Dass diesem Treiben keineswegs hilflos zugeschaut werden muss, konnte erst vorgestern erneut unter Beweis gestellt werden: der NPD-Kreisverband Rhein-Neckar hatte für Donnerstag, den 27. Januar, kurzfristig eine Kundgebung angemeldet, mit der er der Bombardierungen durch die Alliierten gedenken wollte. Dieses Vorhaben am 60. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz stellte eine ungeheuere Provokation und eine Verhöhnung aller Opfer der nationalsozialistischen Terrorherrschaft dar. Diese Dreistigkeit der Nazis konnte nur durch antifaschistische Proteste verhindert werden, da sich die NPD auf Grund des zu erwartenden Widerstands gezwungen sah, ihre Anmeldung zurückzuziehen. Obwohl der geplante Aufmarsch erst zwei Tage vorab bekannt wurde, waren dem Aufruf der AIHD zu einer antifaschistischen Gegenkundgebung fast 200 Menschen gefolgt.
In diesem Fall waren das politische Engagement gegen Nazis und der aktive Protest auf der Straße den Behörden wieder einmal willkommen, stellten sie doch die einzigen effektiven Mittel dar, die braunen Aktivitäten zu verhindern, welche die Stadtverwaltung als unangenehm und Image schädigend empfindet.
Doch gerade seine Organisierung in der Antifaschistischen Initiative Heidelberg und seine Teilnahme an Protesten wurden und werden Micha zum Vorwurf gemacht und begründen sein Berufsverbot. Durch seine politische Arbeit zählt er für das Oberschulamt zu den "Personen, die nicht die Gewähr bieten, jederzeit für die freiheitlich-demokratische Grundordnung einzutreten" - zu jenem Personenkreis also, gegen den sich der vor genau 33 Jahren beschlossene Radikalenerlass richtet.
Wie die Formulierung bereits klar macht, beruht die Beurteilung der BewerberInnen für den Öffentlichen Dienst nicht auf konkreten Taten, worin sich diese Repressionsform grundlegend von den in Demokratien üblichen Maßnahmen gegen linksradikale AktivistInnen unterscheidet. Bei den Berufsverboten müssen den Betroffenen nicht konkrete Verstöße gegen Gesetze nachgewiesen werden; stattdessen reicht die Zugehörigkeit zu einer politisch unliebsamen Gruppe aus. Damit werden die politische Meinung und das daraus resultierende persönliche Engagement an sich kriminalisiert, was die inoffizielle (Wieder-)Einführung des "Gesinnungsverbrechens", wie es aus dem Nationalsozialismus bekannt ist, bedeutet. Hier geht es folglich nicht um Beweise oder andere selbstverständliche Kategorien der Strafverfolgungsbehörden. Das Urteil wird vom Oberschulamt gefällt, die Indizien, die den vagen Eindruck über die politische Meinung der BewerberInnen begründen, kommen aus den undurchsichtigen Quellen des Verfassungsschutzes (VS), also eines Geheimdienstes.
Der VS gewinnt seine Informationen hauptsächlich mit nachrichtendienstlichen Mitteln wie dem Mithören des Telefonverkehrs, dem geheimen Lesen des Postverkehrs oder dem Anwerben sowie Einschleusen von Spitzeln. Die gewonnenen Informationen werden ausgewertet und an die politischen Führungsorgane weitergeleitet. Die VS-Aktivitäten dienen dazu, politische Zusammenhänge auszuforschen, Psycho- und Soziogramme der politisch aktiven Menschen zu erstellen, Misstrauen untereinander zu säen und einzelne politisch zu isolieren.
Gerade in den letzten Monaten gab es verstärkte Aktivitäten des Verfassungsschutzes in Heidelberg und der näheren Umgebung. So versuchte der Geheimdienst seit Ende November in mindestens vier Fällen, junge AktivistInnen, hauptsächlich aus dem antifaschistischen Spektrum, als Spitzel anzuwerben und so einen Einblick in die linksradikale Szene zu erhalten.
Schluss mit den Berufsverboten gegen aktive AntifaschistInnen!
Schluss mit der Bespitzelung politischer Szenen durch die Inlandsgeheimdienste!
Geheimdienste abschaffen!