Presseerklärung 2006/020 - Tobias Pflüger (MdEP) � Strasbourg, 13. März 2006
Gericht bescheinigt „Zivilcourage gegen Rechtsextremismus“ und hält Berufsverbot aufrecht
Presseerklärung 2006/020 - Tobias Pflüger (MdEP) � Strasbourg, 13. März 2006
Gericht bescheinigt "Zivilcourage gegen Rechtsextremismus" und hält gleichzeitig Berufsverbot aufrecht - Massive Menschenrechtsverletzung sowie Verstoß gegen EU-Vertrag und Menschenrechtskonvention (EMRK)
Zur heutigen Bekanntgabe des Urteils vom Verwaltungsgerichts Karlsruhe, dass die Klage des Heidelberger Realschullehrers Michael Csaszkóczy gegen das über ihn verhängte Berufsverbot abgewiesen wird, erklärt der baden-württembergische Europaabgeordnete der Linksfraktion (GUE/NGL), Tobias Pflüger:
Das Berufsverbots-Verfahren gegen Michael Csaszkóczy hat mittlerweile die Grenze der Absurdität überschritten. Es ist einfach mehr als sonderbar, dass einerseits sowohl vom Schulamt, als auch vom Gericht dem Lehrer "Friedfertigkeit und Zivilcourage gegen Rechtsextremismus" attestiert wird, und andererseits mit dem Urteil in der gleichen Verhandlung eben wegen dieser Zivilcourage an der undemokratischen Praxis des Berufsverbotes festgehalten wird.
Das Gericht verletzt damit auch das im EU-Vertrag festgeschriebene Recht auf freie Berufswahl und das EU-Diskriminierungsverbot. Zugleich ist das Urteil ein Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention, in der die Berufsfreiheit garantiert ist. Bereits 1995 wurden Berufsverbote vom Europäischen Gerichtshof für menschenrechtswidrig erklärt.
Berufsverbote waren schon in der Hochphase nach dem so genannten Radikalenerlass ein Skandal, heute sind Berufsverbote mehr denn je völlig fehl am Platz. Es ist ein Weg zurück in eine düstere Vergangenheit. Die heutige Bundesbildungsministerin Annette Schavan hat sich mit dem Berufsverbotsverfahren gegen Michael Csaszkóczy in Baden-Württemberg in bleibende Erinnerung gebracht, sie ist wesentlich verantwortlich für das Verbauen seiner Lebensperspektiven.
Bei dem, was Michael Csaszkóczy vorgeworfen wird, geht es einzig allein um eine so genannte Kontaktschuld. Denn das Gericht sieht keinerlei Hinweise für ein irgendwie geartetes Fehlverhalten. Allein sein Engagement in der Antifaschistischen Initiative Heidelberg wird nun dem Lehrer Michael Csaszkóczy vorgeworfen. Es muss ein für allemal Schluss sein mit der Bestrafung von absolut notwendigem Engagement gegen Faschismus und Rassismus.
Das Bundesland Hessen schloss sich 2005 dem von Baden-Württemberg verhängten Berufsverbot an und bestätigte am vergangenen Mittwoch (08.03.) auch in Hessen ein Berufsverbot.
Die jetzt abgewiesene Klage des Lehrers Michael Csaszkóczy gegen das gegen ihn verhängte Berufsverbot ist ein weiterer nicht hinzunehmender Schritt in Richtung massiver Grundrechtseinschränkung. Es gilt diesen Menschenrechtsverletzungen entgegenzutreten, von daher unterstütze ich die bundesweite Demonstration gegen Berufsverbote am 25.03.2006 in Karlsruhe.
Strasbourg, 13. März 2006