taz vom 28.8.2004

Der Lehrer, der zu linksradikal war
 Michael Csaszkoczy wollte Realschullehrer werden - doch
 Baden-Württemberg verweigert ihm die Einstellung
 Er wollte Lehrer werden - doch der Staat will ihn nicht. Vergangenes
 Jahr hatte sich Michael Csaszkoczy um einen Lehrerjob im Raum Heidelberg
 beworben. Am Donnerstag hat das baden-württembergische Kultusministerium
 ihm die Einstellung als Realschullehrer verwehrt: "wegen Zweifeln an
 seiner Verfassungstreue".
 
 Zum Verhängnis wird dem 34-Jährigen jetzt seine Mitgliedschaft bei der
 Antifaschistischen Initiative Heidelberg (AIHD), einem nach eigenen
 Angaben "linksradikalen Bündnis" von Anarchos, KommunistInnen,
 SozialistInnen und anderen.
 
 In ihrem Grundsatzpapier zeigen sich die Antifas überzeugt, dass sich
 auf parlamentarischem Wege nichts Grundlegendes an den Machtstrukturen
 dieser Gesellschaft ändern lasse. Und: "Militanz, die sich durch
 angemessene Zielgerichtetheit, permanente Selbstreflexion, konsequente
 Abwägung und hohes Verantwortungsbewusstsein der Agierenden auszeichnet,
 betrachten wir als legitimes Mittel im Kampf um Befreiung." Diese
 Passagen und die Tatsache, dass sich der Beamtenanwärter von ihnen vor
 dem Karlsruher Oberschulamt nicht pauschal distanzieren wollte, genügten
 Kultusministerin Annette Schavan (CDU) offenbar, um die AIHD als
 "extremistische Gruppierung" einzustufen. Wer aber Mitglied einer
 solchen ist, "sich darin aktiv gegen die freiheitliche demokratische
 Grundordnung stellt und Militanz als angemessenes Mittel der
 Auseinandersetzung ansieht, kann nicht als Lehrer in öffentlichen
 Schulen wirken", begründete sie ihre Ablehnung.
 
 Mit diesem Schritt hat Baden-Württemberg als erstes Bundesland seit den
 70er-Jahren wieder ein Berufsverbot gegen einen Lehrer wegen politischer
 Betätigung verhängt.
 
 Tatsächlich hat der Staat Michael Csaszkoczy wohl schon seit längerem im
 Visier. Seit 1989 ist der angehende Lehrer, der sich selbst als
 Kommunist bezeichnet, politisch aktiv. Jugendlichen erklärte er
 Heidelbergs Geschichte im Faschismus. Er demonstrierte für den Erhalt
 eines autonomen Zentrums und gegen Nazis. Eine kapitalismuskritische
 Rede von ihm, auf einer Gedenkveranstaltung gehalten, wurde vom
 Staatsschutz registriert - wie sein sonstiges Engagement auch: Von 1992
 bis 2002 beobachtete ihn der Verfassungsschutz. Auch die Polizei
 ermittelte mehrfach gegen ihn - jedes Mal erfolglos.
 
 Csaszkoczy selbst zeigt sich erstaunt über den Rummel um seine Person.
 "So krisengebeutelt ist der Kapitalismus doch nicht, dass er sich von
 einer lokalen faschistischen Initiative bedroht fühlen muss", sagte er
 in einem Interview. Zurzeit ist er in Urlaub, die Ablehnung wurde ihm
 von Freunden per E-Mail zugestellt. " INES KURSCHAT

 taz Nr. 7447 vom 28.8.2004, Seite 12, 89 Portrait INES KURSCHAT
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 Anmerkung:

 Das Interview, das die taz zu zitieren vorgibt, hat Michael Csaszkóczy
 der Zeitschrift KONKRET gegeben.
 In KONKRET 10/2004 wird dazu klargestellt:
 
 In Konkret 8/04 hat der von einem Berufsverbot bedrohte angehende Realschullehrer
 Michael Csaszkóczy seinen Fall geschildert. Ende August hat nun das baden-württembergische
 Kultusministerium mitgeteilt, daß Csaszkóczy wegen seiner Mitgliedschaft
 in der Antifaschistischen Initiative Heidelberg keine Anstellung als Lehrer erhält.
 Die "Taz", die am 28. August über den Vorfall informiert, zitiert, ohne Angabe der
 Quelle, aus Csaszkóczys KONKRET-Interview: "So krisengebeutelt ist der Kapitalismus
 doch nicht, dass er sich von einer lokalen faschistischen Initiative bedroht fühlen muß". Das hat schon was:
 Das Gegenteil von dem zitieren, was in der Quelle steht und trotzdem recht behalten -
  von einer faschistischen Initiative würde sich das baden-württembergische
 Kultusministerium ja tatsächlich nicht bedroht fühlen.