Taz, 15.03.2007

Kein Berufsverbot für Csaszkóczy

FREIBURG taz Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Mannheim sieht keine Zweifel an der Verfassungstreue von Michael Csaszkóczy. Das verkündete er gestern. Baden-Württemberg muss nun neu über die Einstellung Csaszkóczys als Realschullehrer entscheiden. Das Schulamt hatte ihm unter anderem Mitarbeit in. der Antifaschistischen Initiative Heidelberg (AIHD) vorgeworfen und eindeutige Distanzierung von der AIHD und deren Bekenntnis zur Militanz gefordert. Der VGH verlangte keine derartige Distanzierung. Er hielt auch eine Liste linksradikaler Aktionen, bei denen Csaszkóczy beteiligt war, für „nicht geeignet", mangelnde Verfassungstreue zu belegen. Das Land habe das tadellose Verhalten Csaszkóczys im Referendariat „nicht hinreichend berücksichtigt" CHR

ANTIFA-VORWURF: GERICHTSHOF IN MANNHEIM VERHINDERT BERUFSVERBOT

Am Lehrerpult steht nur einer

Der antifaschistische Pädagoge Michael Csaszkóczy kann voraussichtlich doch Lehrer werden. Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim hatte keine Zweifel an seiner Verfassungstreue. Ein neues unnötiges Berufsverbot ist damit vermieden worden. Deutschland ist heute offensichtlich reifer als in den 70er-Jahren.

Sicher hat es Csaszkóczy geholfen, dass ihm das Land ausgerechnet die Mitgliedschaft in einer Antifa-Initiative vorgeworfen hat. „Antifaschist kann in Deutschland nicht Lehrer werden“, das wäre im Ausland eine ziemlich peinliche Schlagzeile gewesen. Dabei ging es bei Csaszkóczy allerdings gar nicht um den Antifaschismus, sondern um die Haltung zu parlamentarischer Demokratie und Gewalt. Auch ein Antifaschist sollte sich schließlich zur Demokratie bekennen und Gewalt ablehnen, wenn er Lehrer werden will.

Das Perfide am Vorgehen gegen Csaszkóczy war, dass er persönlich durchaus für Demokratie und Gewaltfreiheit eintrat. Darüber hinaus verlangte das Land aber noch eine Distanzierung von der Antifa-Initiative Heidelberg und einiger verbalradikaler Aussagen aus deren Selbstdarstellung. Das fand nun zu Recht auch das Gericht übertrieben. Schließlich wird am Lehrerpult ja Csaszkóczy stehen und nicht die Antifa-Gruppe.

Aber der Fall erinnert daran, dass ein Beamter immer noch „die Gewähr dafür bieten (muss), dass er jederzeit für die freiheitlich-demokratische Grundordnung eintritt". Mit dem „jederzeit" war früher gemeint: auch beim Ansturm der Roten Armee. Und heute? Niemand weiß, welche Konflikte unsere Gesellschaft in 15 oder 30 Jahren zu bestehen hat. Potenziell unzuverlässig sind da sicher nicht nur diejenigen, die politische Positionen jenseits der Mitte vertreten, sondern vielleicht auch gerade die Unpolitischen, die im Konfliktfall nicht mal verstehen, worum es geht. Das Kriterium mit der „jederzeitigen Gewähr“ ist willkürlich und gehört schleunigst abgeschafft. Letztlich dient es nur der Kontrolle und Einschüchterung politisch aktiver Menschen, die einen Job ausüben wollen, den dummerweise der Staat anbietet. CHRISTIAN RATH