Zeitweiliges Berufsverbot wird mit 32 777 Euro
entschädigt
Von Martin Oversohl
KARLSRUHE. Am Ende, nach jahrelangem Rechtsstreit, nach Klagen, Prozessen und
Urteilen, wirkte es nur noch wie eine Formsache. Kein Verteidiger war anwesend,
kein Staatsanwalt, als der Vorsitzende Richter der Karlsruher Zivilkammer am
Dienstag in wenigen Sätzen einen Schlussstrich zog unter die Justizfehde um das
Berufsverbot gegen einen als linksextrem eingestuften Lehrer. Das Urteil
bedeutet für das Land eine weitere Niederlage, denn der Heidelberger Pädagoge
Michael Csaszkóczy erhält 32 777 Euro Schadenersatz.
Mehrere Jahre lang durfte der Lehrer - obwohl fachlich geeignet - nicht
unterrichten, weil seine politische Einstellung im Kultusministerium für
Bedenken sorgten. Dies war rechtswidrig. Nun muss der Steuerzahler das entgangene
Gehalt zahlen.
Csaszkóczy engagiert sich in einer linksextremistischen Heidelberger
Initiative, die vom Verfassungsschutz kritisch beäugt wird. "Ich war ein
Testballon", sagt der 38-Jährige heute. "Das Land wollte sehen, wie
weit es in derartigen Fällen gehen kann." Setzte sich das Ministerium in
der ersten Instanz noch durch, so blieb es beim Verwaltungsgerichtshof Mannheim
erfolglos. Dort wurde das Berufsverbot für grundrechtswidrig erklärt.
Zunächst hatten die Schulbehörde und das Kultusministerium in Stuttgart Csaszkóczys
Bewerbung im August 2004 abgelehnt. Gut ein Jahr später scheiterte auch sein
Versuch, an einer Schule in Hessen unterzukommen, am Veto der Behörden. Die
Behörden hatten die Internetseite der umstrittenen Initiative ins Feld geführt.
Dort heißt es: "Militanz, die sich durch angemessene Zielgerichtetheit,
permanente Selbstreflexion, konsequente Abwägung und hohes Verantwortungsbewusstsein
der Agierenden auszeichnet, betrachten wir als legitimes Mittel im Kampf um
Befreiung." Außerdem wird behauptet, an "den herrschenden
Unterdrückungsverhältnissen" werde sich auf parlamentarischem Weg
"nichts Grundlegendes ändern".
Csaszkóczy ist nun erleichtert. "Wichtig war es vor allem zu zeigen, dass
sich das Land schuldhaft verhalten hat", sagte er. Bis heute habe sich
kein Verantwortlicher bei ihm entschuldigt. "Von einem souveränen Staat
dürfte man allerdings so etwas wie eine Erklärung erwarten." Seit einiger
Zeit unterrichtet der Lehrer wieder an einer Realschule im Rhein-Neckar-Kreis
Deutsch, Geschichte und Kunst.
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) nannte die Entscheidung des
Gerichts eine "schallende Ohrfeige" für die Landesregierung. Dagegen
hielt sich das Kultusministerium mit einer Reaktion zurück. Es werde nach
sorgfältiger Prüfung des Urteils entschieden, ob Rechtsmittel eingelegt würden,
sagte ein Sprecher.