Artikel aus den Stuttgarter Nachrichten vom 27.08.2004 Lehrer darf nicht in den Schuldienst Kultusministerin lehnt Mitglied einer antifaschistischen Initiative ab Stuttgart - Ein Heidelberger Lehrer wird wegen Mitgliedschaft in einer an- tifaschistischen Initiative nicht in den Schuldienst übernommen. Das teilte Kultusministerin Annette Schavan (CDU) am Donnerstag mit. Grüne und GEW kritisierten die Entscheidung. VON MARIA WETZEL Eigentlich sollte der 34-jährige Realschullehrer Michael Csaszkoczy bereits zum 1. Februar in den Schuldienst übernommen werden. Doch wegen "Zweifels an seiner Verfassungstreue" wurde die Einstellung verschoben. Auch in absehbarer Zeit wird der Lehrer für Kunst, Deutsch und Geschichte nicht an einer staatlichen Schule unterrichten. Kultusministerin Annette Schavan lehnte jetzt seinen Antrag auf eine Lehrerstelle ab, weil er in der Antifaschistischen Initiative Heidelberg mitarbeitet. Der Landesverfassungsschutz stuft diese Organisation als linksextremistisch ein. Zweifel an seiner Eignung habe Csaszkoczy bei dem "vertieften Einstellungsgespräch" im Oberschulamt Karlsruhe nicht ausräumen können, begründete die CDU-Politikerin ihre Entscheidung. "Wer Mitglied in einer extremistischen Gruppierung ist, sich darin aktiv gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung stellt und Militanz als angemessenes Mittel der Auseinandersetzung ansieht, kann nicht als Lehrer in öffentlichen Schulen wirken." Csaszkoczy hat unter anderem Demonstrationen gegen Aufmärsche der NPD sowie den Irak-Krieg organisiert und sich für ein Autonomes Zentrum in Heidelberg eingesetzt. Derzeit ist er in Urlaub, nach Angaben seines Anwalts wird er aber voraussichtlich Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid einlegen. Die Grünen und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) kritisierten die Entscheidung der Kultusministerin. "Jetzt holt Frau Schavan den seit 1979 nicht mehr angewendeten Radikalenerlass aus der Mottenkiste und weckt ihn zu neuem Leben", sagte die Grünen-Abgeordnete Theresia Bauer. Wenn es Zweifel an seiner Verfassungstreue geben, könne er als Angestellter eingestellt und beobachtet werden. "An seinen Taten soll man ihn messen, nicht an seiner Gesinnung." Die GEW forderte, den Lehrer sofort einzustellen. "Es gibt keinerlei Anhaltspunkte, dass Csaszkoczy in seinem Referendariat gegen seine politische Neutralitätspflicht verstoßen hat", sagte GEW-Landeschef Rainer Dahlem. "Wir brauchen gerade in unseren Schulen Lehrkräfte, die sich für demokratische Werte und Ideen einsetzen." Die SPD im Landtag wollte sich am Donnerstag nicht zu Schavans Entscheidung äußern. In einer Anfrage an die Landesregierung verlangt die Fraktion Aufklärung über die Einzelheiten, sagte ein Sprecher. In Heidelberg hat sich unterdessen ein "Solidaritätskomitee gegen das Berufsverbot" gebildet. Es protestierte gegen die "staatliche Bespitzelung und Einschüchterung, die sich potenziell gegen alle emanzipatorischen und politisch unbequemen Bestrebungen richtet", und rief zu einer Demonstration am 23. Oktober auf.