Ruprecht, Heidelberger Studierendenzeitung, Mai 2006


Der gelinkte Lehrer

Berufsverbot: Michael Csaszkóczy geht in Berufung

Michael Csaszkóczy, Heidelberger Realschullehrer mit angeblich verfassungsfeindlicher Einstellung, hat es nun schriftlich: Das gegen ihn vom Kultusministerium Baden-Württemberg ausgesprochene Berufsverbot vom Sommer 2003 ist rechtens – so zumindest das Verwaltungsgericht in Karlsruhe in einem Urteil vom März. Auch eine Anstellung an einer Schule im hessischen Heppenheim wurde dem Heidelberger Alumnus – Abschlussnote 1,8 – verwehrt. Als Begründung führen die Kultusministerien beider Länder Csaszkóczys Mitgliedschaft bei der Antifaschistischen Initiative Heidelberg (AIHD) und die Weigerung des 35-jährigen, sich von deren Grundsatzpapier pauschal zu distanzieren, an. Das Verwaltungsgericht hebt hervor, dass durch die Behauptung in dem umstrittenen Grundsatzpapier, es gebe Kontinuitäten zwischen Nationalsozialismus und Bundesrepublik, „die Grenzen einer legitimen Kritik unseres Staates und seiner Verfassung mit Augenmaß weit überschritten“ würden. Eine Begründung, bei der sich nicht nur ein Autor der ZEIT „verwundert die Augen rieb“: Immerhin sei der kritisierte Punkt Stand der historischen Forschung. Auch stehe die Begründung im Widerspruch zum Europäischen Menschenrechtsgerichtshof. Der wertete die Praxis der deutschen Berufsverbote der siebziger Jahre als überzogene Maßnahme – genauso wie die Tendenz der Gerichte, in Urteilen mehr die Verfassungstreue der Parteien der Betroffenen auf den Prüfstand zu legen als die Worte und Taten der Personen selbst. Csaszkóczy hat sich von Gewaltanwendung distanziert, nicht aber von seinem linkspolitischen Engagement. Das Verwaltungsgericht dazu: „Auch wer aus übersteigerter Sensibilität für bestimmte positive Prinzipien oder aus lebensfremdem Idealismus heraus unseren Staat und das Handeln seiner Verfassungsorgane wegen stets möglicher Missstände verachtet, grundsätzlich ablehnt und bekämpft, ist als Beamter dieses Staates ungeeignet.“„Das ist absurd und jenseits der Kompetenz des Gerichts“, sagt Michael Csaszkóczy zu solchen Einschätzungen. Seiner Meinung nach beweise dies, dass es in dem Verfahren nicht um ihn ging, sondern um die Frage, wie weit Kritik der Gesellschaft erlaubt sein dürfe. Deshalb hat er gegen das Urteil Berufung eingelegt. Dabei will Michael Csaszkóczy nicht unbedingt noch ein Verfahren durchmachen. „Ich habe die psychische Belastung anfangs unterschätzt“, meint er im Hinblick auf seine Präsenz bei Gerichtsterminen, Demonstrationen und Interviews in Sachen Berufsverbot, „man gerät leicht in eine Stellvertreter- Heldenrolle hinein – worauf ich wirklich keine Lust habe.“ Er wolle sich deshalb in den nächsten Jahren seiner Doktorarbeit widmen – ganz bewusst nicht zum Thema Berufsverbot. Dennoch halte er seinen Einsatz für notwendig, damit klar werde, dass vorauseilender Gehorsam in Menschenrechtsfragen unangebracht ist. Notfalls will er bis zum Bundesverfassungsgericht gehen: „Selbstbewusst über seine Rechte Bescheid zu wissen und sie zu vertreten, schützt vor Bevormundung."

(gan)