RNZ, 22.03.2006
Zweifel an der Verfassungstreue
Verwaltungsgericht begründet, warum der linksradikale Lehrer Michael Csaszkóczy nicht unterrichten darf
Von Holger Buchwald
„Auch wer aus moralischem Rigorismus, Naivität oder Leichtgläubigkeit eine Gruppe unterstützt, von der sich ein Beamter distanzieren müsste, handelt gegen die beamtenrechtliche Treuepflicht“ – mit solch harsch formulierten Sätzen wies das Verwaltungsgericht Karlsruhe die Klage des als linksextrem eingestuften Heidelberger Realschullehrers Michael Csaszkóczy ab. Die Konsequenz: der 36-Jährige wird trotz seiner guten Examensnoten nicht in den Schuldienst übernommen.
Die Klagabweisung wird mit Csaskóczys Mitgliedschaft in der Antifaschistischen Initiative Heidelberg (AIHD) begründet – einer Gruppe, der das Verwaltungsgericht eine „bedenkliche Haltung zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung“ bescheinigt. Nach der Auffassung der Bundes- und Landesverfassungschutzberichte, so die Richter weiter, handele es sich bei der Heidelberger autonomen Szene in Wahrheit um Linksradikale, die einen „gewaltbereiten Antifaschismus mit verfassungsfeindlicher Stoßrichtung“ pflegen.
Als Beleg für die angeblich verfassungsfeindliche Einstellung der AIHD ziehen die Karlsruher Richter deren Grundlagenpapier heran. Die AIHD rufe zum antifaschistischen Kampf auf, weil in ihren Augen im Deutschland der 90er Jahre „gewalttätige rassistische Angriffe zur Normalität“ gehörten. Außerdem, so heißt es in dem Text der AIHD weiter, werde die Bundesrepublik mit einem immer drastischer werdenden Rechtsruck in Staat, Parteien und großen Teilen der Gesellschaft konfrontiert, so dass „der Bruch mit der nationalsozialistischen Vergangenheit nur vermeintlich vollzogen“ sei. In Wahrheit herrschten „rassistische, nationalistische, antisemitische und autoritäre Einstellungen vor“, die man „militant“ bekämpfen wolle. „Mit solchen Ausführungen“, so das Verwaltungsgericht“, „werden die Grenzen einer legitimen Kritik unseres Staates und seiner Verfassung weit überschritten.“ Die Bundesrepublik werde haltlos angegriffen und diffamiert. Wenn Csaszkóczy wirklich hätte Lehrer werden wollen, hätte er sich gleich zu Beginn des Einstellungsgesprächs von diesen Ansichten distanzieren müssen. Doch er bekennt sich nach wie vor zu AIHD.
Seitdem das Oberschulamt seine Bewerbung im August 2004 nach einem vertieften Einstellungsgespräch in Karlsruhe ablehnte, kämpft der Heidelberger nun schon gegen das gegen ihn verhängte „Berufsverbot“. Dass seine Klage abgewiesen wird, wusste er schon seit dem 10. März (wir berichteten). Die Urteilsbegründung habe ihm nun aber doch „die Schuhe ausgezogen“, sagte er auf Anfrage der RNZ. Die Formulierungen der ersten Kammer des Verwaltungsgerichts seien „diffamierend“. Besonders ärgert sich Csaszkóczy über Sätze wie diesen: „Auch wer aus übersteigerter Sensibilität für bestimmte positive Prinzipien oder aus lebensfremdem Idealismus heraus unseren Staat und das Handeln seiner Verfassungsorgane wegen stets möglicher Missstände verachtet, grundsätzlich ablehnt und bekämpft, ist als Beamter dieses Staates ungeeignet, weil er die besondere Treuepflicht wegen seiner ablehnenden inneren Einstellung nicht garantieren kann.“ Ihm selbst hätten alle während des gesamten Verfahrens „Friedfertigkeit“ und „Zivilcourage“ bescheinigt. Und deshalb will Csaszkóczy auch beim Verwaltungsgerichtshof die Berufung beantragen.