Rhein-Neckar-Zeitung, 15.03.2007
Linker Lehrer darf wieder hoffen
Teilsieg für Lehramtsbewerber vor dem Verwaltungsgerichtshof - Übernahme in den Schuldienst muss erneut geprüft werden
Von Willi Berg und dpa
Mannheim. Der linke Lehrer Michael Csaszkóczy kann hoffen, doch noch in den staatlichen Schuldienst übernommen zu werden. Gestern errang der 36-Jährige vor dem Verwaltungsgerichtshof in Mannheim einen Teilerfolg. Der 4. Senat verpflichtete das Land, erneut über dessen Einstellung zu befinden. Die ablehnenden Bescheide des Oberschulamtes hob der VGH auf.
Die „Sündenliste“ mit 18 Einzelvorfällen sei nicht geeignet, um daraus eine mangelnde Verfassungstreue des Lehrers herzuleiten. Darin war auch dessen Teilnahme an einer Demonstration gegen die Kriegspolitik von Nato und BRD aufgeführt.
Das Gericht übte scharfe Kritik an der Schulbehörde. Die habe bei ihrer negativen Prognose „wesentliche Beurteilungselemente nicht hinreichend berücksichtigt“. So auch das - offenbar untadelige - Verhalten des Klägers in seiner Referendarzeit. Der Sachverhalt sei nicht sorgfältig und vollständig gewürdigt worden. Damit sei man der Person Csaszkóczys „nicht gerecht geworden“. Zwar könne der Senat nicht die Übernahme des Klägers in das Beamtenverhältnis erzwingen. Das Gericht verpflichtete das Land jedoch, künftig die Rechtsauffassung des VGH zu beachten. Künftig dürfe die genannte „Sündenliste“ nicht mehr als Grund für eine Ablehnung herangezogen werden.
Die Schulbehörde und das Kultusministerium hatte sich geweigert, Michael Csaszkóczy einzustellen und das trotz guter Noten. Es bestünden Zweifel an dessen Verfassungstreue, so das Argument. Auch in Hessen war seine Bewerbung als Lehrer mit den Fächern Deutsch, Geschichte und Kunst gescheitert.
Der Mann mit dem auffälligen Outfit engagiert sich seit Jahren in der „Antifaschistischen Initiative“ in Heidelberg. Die wird vom Verfassungsschutz beobachtet und als linksextrem eingestuft.
Das Karlsruher Verwaltungsgericht hatte die Klage des 36-Jährigen in erster Instanz abgewiesen. Die Antifa-Initiative in Heidelberg habe eine „bedenkliche Haltung zur freiheitlich demokratischen Grundordnung“, hieß es in dem Urteil. Gegen das Karlsruher Urteil hatte Csaszkóczy Rechtsmittel eingelegt. Unterstützt wurde er dabei durch die Gewerkschaft GEW.
Das Kultusministerium erklärte, man nehme das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs zur Kenntnis und warte die schriftliche Urteilsbegründung ab. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) forderte die Einstellung des Mannes. „Damit könnte Baden-Württemberg auch bundesweit endlich einen Schlussstrich unter das Thema Berufsverbot und den Rückfall in eine unrühmliche Politik der 70er Jahre ziehen“, sagte GEW-Landesvorsitzender Rainer Dahlem. Aktenzeichen: VGH 4 S 1805/06
Von Christian Pieterek
Mit seinem gepiercten Ohr und dem schwarzen Outfit der „Autonomen“ , sieht Michael Csaszkóczy nicht unbedingt aus wie jemand, dem man die Erziehung seiner Kinder anvertrauen möchte. Das ist noch nachvollziehbar. Deshalb aber gleich Zweifel an der Verfassungstreue des Heidelberger Lehramtsanwärters zu hegen, geht weit über das Ziel hinaus.
Das Urteil des Mannheimer Verwaltungsgerichts ist deshalb eine schallende Ohrfeige für die oberste Schulbehörde des Landes. Deren Weigerung, den 36-jährigen Heidelberger - trotz guter Qualifikation - nur wegen seiner Mitgliedschaft in der vom Verfassungsschutz als linksextrem eingestuften Antifaschistischen Initiative Heidelberg nicht in den Schuldienst einzustellen, ist Unrecht, urteilte das Gericht. Zu Recht. Da gehört schon mehr Butter an die Fische.
Wenn Antifaschisten auf Neonazis treffen, wird das kein Kaffeekränzchen. Dabei kann es ganz schön zur Sache gehen. Das haben wir oft genug erlebt. Da stehen die „Autonomen" in Sachen Gewalt den rechten Dumpfbacken in Nichts nach. Dennoch: Die Heidelberger Antifa-Gruppe wird seit längerem vom Verfassungsschutz beobachtet - von übermäßigen Gewalttaten des Herrn Csaszkóczy war dabei nie die Rede. Wo also sind die „Sünden“? Nur vage Zweifel an einer Verfassungstreue dürfen in einem Rechtsstaat noch kein Grund sein, engagierte Mensehen aus dem Berufsleben auszugrenzen.