Neues Deutschland, 14.03.07


Darf ein Antifaschist Lehrer werden?

Seit Jahren wird Michael Csaszkóczy von Behörden vom Schuldienst ferngehalten

Von Markus Drescher


Am Dienstag wurde vor dem baden-württembergischen Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Mannheim über die Klage des Lehreramtsanwärter Michael Csaszkóczy auf Einstellung in den Schuldienst verhandelt. Wegen Zweifeln an seiner Verfassungstreue wurde ihm bisher ein Lehrerposten verwehrt.



Michael Csaszkóczy ist Antifaschist und möchte Lehrer sein, auch wenn er mit seinen zahlreichen Piercings auf den ersten Blick nicht in das Klischee-Bild eines Lehrbeauftragten passen mag. Doch er darf seinen Beruf nicht ausüben. Sein Äußeres ist für diesen Zustand unerheblich. Für die Schulbehörden der Länder Baden-Württemberg und Hessen passen linkes politisches Engagement und eine Tätigkeit im Schuldienst einfach nicht zusammen.
Eine mangelnde fachliche Qualifizierung von Csaszkóczy hat mit dem Berufsverbot nichts zu tun. Zweifel an der Verfassungstreue des 36-jährigen Heidelberger müssen seit Jahren als Begründung für seine Ablehnung herhalten. Dabei schienen die Zeiten vorbei, in denen Linke aufgrund des Radikalenerlasses vom Staatsdienst ferngehalten wurden.
Csaszkóczy kämpft seit dem Jahr 2004 dafür, als Realschullehrer für Deutsch, Geschichte und Kunst arbeiten zu dürfen. Aber nachdem er ohne Probleme und Beanstandungen Studium und Referendariat abgeschlossen hatte, wurde er zu einem »vertieften Einstellungsgespräch« geladen, in dem er sich zu seiner Mitgliedschaft in der Antifaschistischen Aktion Heidelberg (AIHD) äußern sollte.
Die Gruppe wird vom Verfassungsschutz als linksextrem eingestuft und beobachtet. Damit sei die Verfassungstreue von Csaszkóczy zweifelhaft. Als Beleg für diese Annahme sieht die Schulbehörde auch Textpassagen von der Internetseite der AIHD an. Dort wird »Militanz, die sich durch angemessene Zielgerichtetheit, permanente Selbstreflexion, konsequente Abwägung und hohes Verantwortungsbewusstsein auszeichnet« als »ein legitimes Mittel im Kampf um Befreiung« bezeichnet. Nachdem er von den Behörden aufgefordert wurde, sich von diesem Satz zu distanzieren, erklärte Csaszkóczy, dass er Gewalt ablehne. Vom Kerninhalt des Satzes wollte er jedoch nicht abrücken. Für die Behörden war dies Grund genug ihren harten Kurs weiterzufahren.
Auch am Dienstag blieb Csaszkóczy bei seiner damaligen Haltung und betonte, dass er keineswegs Straftaten propagieren wolle. »Gewalt gegen Menschen oder Sachen habe ich immer deutlich verurteilt und abgelehnt.« Vom dem Satz selbst könne er sich aber »aus Respekt vor den Menschen, die im Dritten reich Widerstand geleistet haben« nicht distanzieren. Selbst ein Vertreter des Regierungspräsidiums Karlsruhe gab zu: »Wir haben nie den Eindruck gehabt, dass er Gewalt verherrlicht, Gewalt propagiert oder für Gewalt eintritt.«
Das Verfahren vor dem obersten Verwaltungsgericht Baden-Württembergs ist der zweite Versuch auf dem Klageweg endlich seinen Beruf ausüben zu können, im Fall des Scheiterns aber wohl nicht der letzte. Das Verwaltungsgericht in Karlsruhe hatte die erste Klage Csaszkóczys abgewiesen. Eine Berufung gegen das Urteil wurde nicht zugelassen. Diese Entscheidung hob der Verwaltungsgerichtshof im August letzten Jahres jedoch auf und erlaubte die Berufung.
Der Weg könnte für Csaszkóczy nach Angaben seines Anwalts Martin Heiming bis vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte führen. 1995 entschied dieser im Fall einer niedersächsischen Lehrerin, die 1981 einen Infostand der DKP angemeldet hatte und daraufhin suspendiert wurde, dass Meinungs- und Vereinigungsfreiheit auch für Beamte gelten. Die Grundrechte des einzelnen wögen schwerer als die Forderung des Staats nach der Treue seiner Beamten. Doch das Urteil bezog sich explizit nur auf Beamte und nicht auf Beamtenbewerber, so dass das Gericht im Fall Csaszkóczy mit einer völlig anderen Sachlage zu tun hätte. Doch so weit ist es noch nicht. Zunächst wird heute der VGH seine Entscheidung bekannt geben und ein weiteres Vorgehen dann nicht mehr nötig sein.