Mannheimer Morgen, 14.03.2007
Von unserem Redaktionsmitglied Steffen Mack
Mannheim. Mit Michael Csaszkoczy tun sich Behörden in Baden-Württemberg schwer. Schon phonetisch. Als "Herrn Kaskotzi" begrüßt ihn der Vorsitzende Richter Klaus Brockmann am Verwaltungsgerichtshof in Mannheim. Im Laufe der gestrigen Verhandlung nähert er sich dann der korrekten Aussprache "Tschaskohsi" an. Überhaupt zeigt sich der Vierte Senat recht interessiert an dem 36-Jährigen in schwarzer Lederhose, schwarzem Hemd und schwarzer Weste. Kahler Kopf, Kinnbart mit Piercing, sehr, sehr viele Ohrringe - der Heidelberger sieht nicht unbedingt wie jemand aus, der auf Aufnahme in den verbeamteten Staatsdienst klagt. Auch im Klassenzimmer wäre er für die Schüler ein seltener Anblick. Doch Hildegard Klenk von der Erziehungsgewerkschaft GEW, die schräg hinter Csaszkoczy im Gerichtssaal sitzt und ihm immer wieder Zeichen gibt, sich nicht aufzuregen, glaubt fest daran, "dass er ein ganz toller Lehrer ist".
Davon sind die Schulbehörden in Baden-Württemberg und Hessen weniger überzeugt. Sie wollen den Antifa-Aktivisten trotz guter Noten und untadeligen Referendariats nicht unterrichten lassen. Wegen Zweifeln an seiner Verfassungstreue.
Nun liest der Vorsitzende Richter vor, wie die Heidelberger Antifa ihr Selbstbild formuliert. Darin heißt es, unter gewissen Bedingungen sei Militanz "ein legitimes Mittel im Kampf um Befreiung". Das bedeute für ihn, so Csaszkoczy, etwa gegen eine Neonazi-Kundgebung nicht ein paar Kilometer entfernt, sondern direkt vor Ort zu demonstrieren. So lasse sich mitunter ein Aufmarsch verhindern. Gewalt gegen Personen und Sachen habe er aber stets abgelehnt. "Ich persönlich habe Angst vor körperlichen Auseinandersetzungen!", ruft Csaszkoczy mit weicher Stimme.
Das scheint ihm sogar die Gegenseite zu glauben. Er habe "nie den Eindruck gehabt, dass Herr Csaszkoczy Gewalt verherrlicht oder selbst für Gewalt eintritt", sagt Detlef Brandner vom Regierungspräsidium Karlsruhe. Die Frage sei jedoch, ob der verhinderte Realschullehrer für Geschichte, Deutsch und Kunst Gewalt nicht doch als legitimes Mittel ansehe. Dies suggeriere jedenfalls jene Heidelberger Antifa-Erklärung, die überdies eine Ablehnung des parlamentarischen Systems beinhalte.
Hierzu will der Vorsitzende Richter Brockmann wissen, wie die Aussage gemeint sei, die "Unterdrückungsverhältnisse" könnten nur auf außerparlamentarischem Wege bekämpft werden. Csaszkoczy erläutert, das beziehe sich vor allem auf "rassistische, sexistische und antisemitische" Unterdrückung in der Gesellschaft. Die parlamentarische Demokratie wolle er keinesfalls abschaffen, versichert der Kläger. "Ich weiß gar nicht, was ich dazu noch ausführen soll."
Die Richter mustern ihn nachdenklich. Brockmann fragt viel nach. Wie weit links etwa die Bunte Liste stehe, auf der Csaszkoczy für den Heidelberger Gemeinderat kandidierte. Da seien Leute drin, die "Kapitalismus nicht für die allerbeste Form halten", antwortet der verhinderte Lehrer. Brockmann nickt lächelnd.
Der Vorsitzende Richter hat gleich eröffnet, dass ihm die neue Debatte um Berufsverbote - entsprechende Initiativen unterstützen Csaszkoczys Klage - nicht gefällt. Es sei nun Mal Aufgabe des Staates, Beamtenbewerber auf ihre Treue zur Verfassung zu prüfen. Und bei berechtigten Zweifeln daran würden sie eben nicht eingestellt.
Heute will der Gerichtshof seine Entscheidung mitteilen. Csaszkoczys Mitstreiter geben sich verhalten optimistisch. Hildegard Klenk von der GEW sieht es schon als Erfolg, "dass es hier viel mehr um seine Persönlichkeit geht als vor dem Karlsruher Verwaltungsgericht". Auch Anwalt Martin Heiming erkennt "positive Signale". Er kann sich indes vorstellen, dass die Richter Csaszkoczy an die Schulbehörden zurückverweisen. Doch möchte dieser seine Antifa-Aktivitäten, wie es Gericht und Gegenseite nahe legten, keineswegs als Jugendsünden klassifizieren. "Das wäre ein fatales Signal für die vielen Menschen, die mich unterstützen." Da nicken alle, die um ihn herumstehen, heftig.