Mannheimer Morgen, 11.09.2007

 

„Es muss für ihn und uns Normalität geben”

Erster Schultag für „linken Lehrer” in Eberbach / Rektorin duldet keinen Rummel

Von dpa-Korrespondentin Julia Ranniko

 

Eberbach. Die Fragen nach dem „linken” Lehrer kann Regine Sattler-Streitberg nicht mehr hören. „Ich will einfach in Ruhe hier anfangen”, sagt die Leiterin der Realschule in Eberbach bei Heidelberg gestern ein wenig genervt. „Es muss für ihn Nor­malität geben, aber auch für uns.” Norma­lität – danach hat sich der Realschullehrer Michael Csaszkóczy in den vergangenen Jahren gesehnt. Der 37-Jährige musste sich erst durch die Gerichtsinstanzen kämpfen, um eine Stelle in seinem Beruf zu bekommen. Heute ist nun sein erster Schultag als Pädagoge in Eberbach.

Rummel um den neuen Kollegen will Sattler-Streitberg jedoch nicht dulden: „Das blocke ich ab, auf dem Schulhof und in der Schule habe ich Hausrecht.” Erst hatte Csaszkóczy das Angebot erhalten, als Lehrer für Geschichte, Deutsch und Kunst an der Realschule zu arbeiten. „Das Regierungspräsidium Karlsruhe hat lange versucht, sich zu sträuben”, kritisiert der Pädagoge. Jetzt muss alles ruckzuck gehen, auch gestern – dem ersten Tag nach den Sommerferien im Südwesten – ist er noch mit Formalien wie etwa dem Gesundheitszeugnis beschäftigt.

Sattler-Streitberg kennt den Lehrer seit seinem Referendariat, sie war damals seine Mentorin. „Ich habe sehr vergnügliche Stunden mit ihm in den Lehrproben erlebt, seine Leistungen waren gut.” Für sie und das Kollegium sei es daher „ein ganz nor­maler Vorgang”, dass Csaszkóczy an ihrer Schule mit den rund 600 Schülern anfange. „Wir sind da wenig aufgeregt.” Bei ersten Konferenzen am Freitag sei der 37-Jährige herzlich aufgenommen worden. „Für mich ist es außerdem in keiner Weise ein Pro­blem, welch Geistes Kind er ist. Das würde ich auch bei anderen Kollegen nicht eruieren.” Ihr komme es auf kollegiales Verhalten und gute Arbeit an – genau wie Csaszkóczy selbst, wie er betont. „Ich will nicht mehr diesen Ausnahmestatus haben. Mir geht es darum, möglichst guten Unterricht zu machen und einen ganz normalen Schulalltag zu haben.

Der Lehrer wird zunächst in ein Angestelltenverhältnis übernommen, hat aber „eine sichere Perspektive auf Verbeamtung”, so das Kultusministerium. Dennoch: Der Ärger über das Land und vor allem das Regierungspräsidium Karlsruhe bleibt. „Nach drei, vier Jahren permanenter Ver­letzung von Grund- und Menschenrechten habe ich kein Wort des Bedauerns gehört”, moniert der 37-Jährige. In der „Antifaschistischen Initiative Heidelberg” will er sich auch künftig engagieren: „Ich habe keinen Anlass, das nicht zu tun.”