junge Welt vom 27.08.2004

 Inland
 Schavan sorgt persönlich für Berufsverbot
 Kultusministerin Baden-Württembergs verweigert Lehramtsanwärter und
 Antifaschisten die Einstellung
 Jana Frielinghaus

 Erstmals seit vielen Jahren wird in Baden-Württemberg einem
 Lehramtsanwärter wegen politischer Aktivitäten die Übernahme in den
 Schuldienst verweigert. Das Kultusministerium teilte am Donnerstag in
 Stuttgart mit, daß der 34jährige Michael Csaszkóczy aus Heidelberg wegen
 Aktivitäten in einer extremistischen Gruppierung nicht eingestellt wird.
 Die ?Antifaschistische Initiative Heidelberg? (AIH), in der sich
 Csaszkóczy seit vielen Jahren engagiert, werde vom Landesamt für
 Verfassungsschutz als linksextremistisch eingestuft, hieß es zur Begründung.

 Kultusministerin Annette Schavan (CDU) betonte, wer Mitglied einer
 extremistischen Vereinigung sei und diese aktiv unterstütze, könne nicht
 Lehrer an einer öffentlichen Schule werden. Im Fall des 34jährigen
 bestünden Zweifel an dessen Verfassungstreue, fügte sie hinzu. Die
 ?Antifaschistische Initiative Heidelberg? habe sich zu ?Militanz als
 legitimes Mittel im Kampf um die Befreiung? bekannt.

 Das Solidaritätskomitee gegen das Berufsverbot für Michael Csaszkóczy
 konstatierte, daß die Bekanntgabe dieser Entscheidung, die zuvor lange
 hinausgezögert worden war, mitten in den Sommerferien erfolgte, also zu
 einer Zeit, in der auch viele Organisationen in der Sommerpause seien.
 Darüber hinaus habe das Ministerium zuletzt erklärt, es werde Anfang
 September entschieden. Damit habe es gezielt desinformiert, meinte
 Stefan Riedel vom Solikomitee. Doch falls mit diesem Vorgehen die
 Hoffnung verknüpft gewesen sei, daß die Entscheidung keine Proteste
 hervorruft, werde sie enttäuscht werden, so Riedel.

 Es geht den staatlichen Behörden nicht um Konkretes, etwa wie Michael
 Csaszkóczy seinen Unterricht im Referendariat gestaltet habe, was er
 gesagt oder getan habe, sondern einzig um seine Gesinnung, insbesondere
 seine antifaschistische Haltung und sein Engagement gegen Kriegseinsätze
 der Bundeswehr.

 Für den 23. Oktober haben verschiedene Organisationen, darunter das
 Komitee für Grundrechte und Demokratie, die Rote Hilfe, die VVN-BdA, der
 ver.di-Fachbereich Bildung, Wissenschaft und Forschung im Bezirk
 Heidelberg-Buchen und der GEW-Kreisverband Rhein-Neckar sowie
 Einzelorganisationen zu einer Demonstration gegen das Berufsverbot in
 Heidelberg aufgerufen (13 Uhr, Bauhaus).

 * www.gegen-berufsverbote. de


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