Inland
Heidelberger Lehrer weiter auf der Straße
Grundrechtekomitee protestiert mit Offenem Brief an Stuttgarter
Kultusministerin gegen Berufsverbot
Jana Frielinghaus
Der "Fall" des Realschullehrers Michael Csaszkoczy hat es mittlerweile
bis ins Regionalfernsehen geschafft. Dem 33jährigen war im vergangenen
Jahr eine Einstellung zum 1. Februar eigentlich fest zugesagt worden.
Doch er hat den Job bis heute nicht bekommen. Im Dezember 2003 teilte
ihm das Oberschulamt Karlsruhe plötzlich mit, das baden-württembergische
Innenministerium habe gegen seine Einstellung interveniert. Es bestünden
Zweifel daran, daß er jederzeit die Gewähr biete, für die
"freiheitlich-demokratische Grundordnung" einzutreten. Der
Verfassungsschutz habe mehr als zehn Jahre lang entsprechende
Informationen über ihn gesammelt (siehe jW vom 23. Februar).
Viele fühlen durch das Vorgehen gegen Csaszkoczy an die Zeiten des
sogenannten Radikalenerlasses erinnert, mit dem die Bundesregierung
unter Willy Brandt 1972 eine große Welle von Berufsverbotsverfahren vor
allem gegen Linke im Staatsdienst auslöste, von der selbst Postbeamte
betroffen waren. Am Montag meldete sich Wolf-Dieter Narr im Namen des
Kölner Komitees für Grundrechte und Demokratie in der Angelegenheit zu
Wort. In einem offenen Brief an die Stuttgarter Kultusministerin Annette
Schavan (CDU) stellt er fest, die Behandlung Csaszkoczys sei "eine Folge
von Skandalen". Dem müsse die Ministerin endlich ein Ende zu setzen,
damit die Angelegenheit nicht noch zum "Verfassungsskandal" werde. Die
Ministerin wird "ersucht", "Ihrem eigenen Amtseid gemäß, Schaden von dem
Land abzuwehren". Vor allem aber dürfe sie den "Grund- und
Menschenrechten der Lehrerinnen und Lehrer, der Schülerinnen und Schüler
und auch ihrer Eltern keinen Schaden zufügen«.
Michael Csaszkoczy, der auch von der Gewerkschaft Erziehung und
Wissenschaft unterstützt wird, hatte im April eine Anhörung im
Oberschulamt. Dort bestätigte er die von ihm nie bestrittene Information
des VS, daß er Mitglied der Antifaschistischen Initiative Heidelberg
(AIHD) ist. In dieser Gruppe ist er seit vielen Jahren gegen
ausländerfeindliche und neonazistische Bestrebungen aktiv. Eigentlich,
meint er, diene das doch eher dem Schutz der Verfassung.
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