Junge Welt, 12.01.2006

»Berufsverbot verletzt ein fundamentales Menschenrecht«

Unterschriftensammlung per Internet für einen Lehrer, der nicht Lehrer sein darf. Demo in Karlsruhe geplant. Ein Gespräch mit Carmen Hofmeister
Carmen Hofmeister ist Sprecherin des Solidaritätskomitees gegen das Berufsverbot

F: Sie haben die Kampagne »1000 Stimmen gegen Berufsverbote« ins Leben gerufen, um gegen das Berufsverbot für den Heidelberger Realschullehrer Michael Csaszkóczy zu protestieren. Dieser wird aufgrund seines antifaschistischen Engagements bisher nicht in den Schuldienst übernommen. Wie verläuft die Kampagne bisher?

Wir sind selbst überrascht, wie schnell die ersten 1000 Stimmen zusammengekommen sind. Wir haben diese Kampagne ins Leben gerufen, um öffentlich zu machen, wie breit gefächert die Solidarität mit Michael ist.

F: Wer hat die Kampagne bisher unterstützt?

Dazu gehören u.a. Menschen, die schon in den 70er Jahren die Berufsverbote miterlebt haben. Aber auch Schülerinnen und Schüler, die nicht glauben können, daß jemand wegen seines Eintretens gegen Faschismus, Rassismus und deutsche Kriegseinsätze willkürlich staatlichen Repressionen ausgesetzt wird.

F: Erhalten Sie auch Unterstützung von Prominenten?

Natürlich. Etliche Menschen, die in der Öffentlichkeit bekannt sind, haben sich unserer Kampagne angeschlossen. Darunter Konstantin Wecker, Franz Josef Degenhardt, Udo Lindenberg und Harry Rowohlt, aber auch Claudia Roth und Sahra Wagenknecht. Es geht es aber nicht nur darum, daß sogenannte Promis unsere Position teilen. Ganz besonders berührt uns die Solidarität von Menschen wie Peter Gingold, Esther Bejarano und Lorenz Knorr, die früher gegen den Faschismus gekämpft haben und auch nach 1945 noch immer ihre Stimme und ihre Erfahrungen einbringen.

F: Gab es auf Ihre Kampagne Reaktionen aus den Kultus- und Innenministerien in Baden-Württemberg und Hessen, die die Einstellung Csaszkóczys in den Schuldienst verweigern?

Aus den Ministerien ist zur Zeit nichts zu hören. Überhaupt scheinen die Beamten und politischen Funktionsträger dort an keiner öffentlichen Auseinandersetzung interessiert zu sein. Trotz mehrfacher Einladung war bisher nicht ein Regierungs- oder Behördenvertreter bereit, sich bei einer Veranstaltung der Öffentlichkeit zu stellen.

F: Wird es weitere Aktivitäten gegen das Berufsverbot etwa von Claudia Roth oder auch den Bundestagsabgeordneten der Linkspartei.PDS geben? Wird das Thema ins Parlament eingebracht?

Wir hoffen natürlich, daß das Thema Berufsverbot in den Parlamenten zur Sprache gebracht wird. Es ist notwendig, klarzustellen, daß es sich hier nicht um einen skurrilen Einzelfall handelt, sondern daß in der BRD fundamentale Menschen- und Bürgerrechte bedroht sind .

F: Welche weiteren Aktivitäten planen Sie?

Zunächst einmal ist es wichtig, das Potential dieser Kampagne auszuschöpfen: die 1000 Stimmen sind beisammen – also werden wir 10000 sammeln! Und dazu werden wir selbstverständlich weiter Öffentlichkeitsarbeit leisten, nicht nur in der BRD. Zudem planen wir in Karlsruhe eine bundesweite Demonstration gegen das Berufsverbot.

F: Was kann man tun, um Michael Csaszkóczy zu unterstützen?

Aktuell: Die Kampagne »1000 Stimmen« läuft weiter. Darüber hinaus ist es wichtig, alle verfügbaren Möglichkeiten zu nutzen, um auch internationale Öffentlichkeit zu schaffen. Für unsere Aktivitäten brauchen wir auch finanzielle Unterstützung. Die Rote Hilfe hat ein Solidaritätskonto eingerichtet.

www.gegen-berufsverbote.de



Interview: Markus Bernhardt