junge welt, 09.03.2006
Prozeß um Berufsverbot in Karlsruhe
Betroffener klagt gegen Land Baden-Württemberg
Von Jana Frielinghaus
Am morgigen Freitag beginnt vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe ein Prozeß um das Berufsverbot, das die damalige baden-württembergische Kultusministerin Annette Schavan (CDU) im August 2004 gegen den Heidelberger Realschullehrer Michael Csaszkóczy verhängt hat. Der Betroffene kämpft seit Ende 2003 um eine Anstellung, nachdem ihm mitgeteilt wurde, er könne deshalb nicht beschäftigt werden, weil nicht gewährleistet sei, daß er auf dem Boden der Verfassung stehe. Dabei erfuhr Csaszkóczy auch, daß das Landesamt für Verfassungsschutz ihn mehr als zehn Jahre lang beobachtet hatte. Mißfallen erregte vor allem sein Engagement gegen Neonazis und deutsche Kriegsbeteiligungen.
Jetzt wird Csaszkóczys Klage gegen das Land Baden-Württemberg in Karlsruhe verhandelt. Vertreter von vier Bürgerrechtsorganisationen werden den Prozeß beobachten. Der prominente Anwalt Rolf Gössner wird als Präsident der Internationalen Liga für Menschenrechte und als Vertreter des Republikanischen Rechtsanwältevereins (RAV) anwesend sein. Vor Beginn des Verfahrens sagte er: »Es geht bei diesem Verfahren um die grundsätzliche Frage, ob in der Bundesrepublik die berüchtigte Berufsverbotspraxis früherer Jahrzehnte wieder auflebt oder endlich der Vergangenheit angehört.« Mit dem Berufsverbot werde ein engagierter Antifaschist »vom Schuldienst ferngehalten, dem persönlich kein Fehlverhalten vorzuwerfen und der für den Lehrerberuf bestens qualifiziert ist«, stellte Gössner fest.
Neben den Bürgerrechtsorganisationen unterstützt auch der Landesverband der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) den betroffenen Lehrer.
* Die Verhandlung beginnt am 10. März um 9.30 Uhr vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe, Röntgenstr. 2a, Sitzungssaal 3.
Weitere Informationen: www.gegen-berufsverbote.de