Kulturministerium
Baden-Württemberg gibt auf: Stellenangebot für Heidelberger Antifaschisten nach
vier Jahren Berufsverbot. Von Peter Wolter
Nach fast vier Jahren Berufsverbot für den Lehrer Michael
Csaszkóczy hat das Land Baden-Württemberg aufgegeben: Der 37Jährige Antifaschist
aus Heidelberg wird ab Montag als Lehrer an der Realschule in Eberbach am
Neckar unterrichten. Er sei von seinem Anwalt in seinem Urlaub in Kroatien per
SMS von der Entscheidung unterrichtet worden, sagte Csaszkóczy am Mittwoch im
Gespräch mit JW; »Dieser Erfolg ist im wesentlichen der Solidarität all derjenigen zu
verdanken, die unermüdlich gegen mein Berufsverbot protestiert haben.«
Das
Regierungspräsidium in Karlsruhe hatte sich jahrelang gegen die Einstellung
Csaszkóczys gewehrt und mit zum Teil abenteuerlichen Argumenten versucht, seine
Verfassungstreue in Frage zu stellen. Unter anderem wurde ihm vorgeworfen,
ei-ne führende Rolle in der antifaschistischen Initiative Heidelberg gespielt
zu haben. Auch soll er eine Demonstration organisiert haben, die von der
polizeilich genehmigten Wegstrecke abwich.
Csaszkóczy wurde — wie sich herausstellte — jahrelang vorn Verfassungsschutz
beobachtet.
Obwohl
selbst das Regierungspräsidium Csaszkóczy bescheinigen mußte, er habe
»Zivilcourage und einen friedliebenden Charakter«, hatte das Karlsruher
Verwaltungsgericht das Berufsverbot im Jahre 2004 zunächst bestätigt.
Versuche
des Lehrers, in Hessen eine Anstellung zu bekommen, scheiterten an der dortigen
Bürokratie, die ihn ebenfalls ablehnte. Nach mehreren weiteren Prozessen
urteilte schließlich der Verwaltungsgerichtshof
Baden-Württemberg im März, das Berufsverbot sei rechtswidrig.
In
der Urteilsbegründung hieß es u. a., der Senat könne nicht nachvollziehen, daß »die bloße Teilnahme an Veranstaltungen
und Demonstrationen, die ersichtlich ebenso vom Grundgesetz gedeckt ist wie
die freie Meinungsäußerung, überhaupt erwähnt wird«. Anfang August legte das
Verwaltungsgericht Darmstadt nach, das über Csaszkóczys Nichteinstellung in
Hessen zu befinden hatte. Das Gericht warf der zuständigen Behörde vor, »von
einem unvollständig ermittelten Sachverhalt« ausgegangen zu sein. Sie habe
weder die Persönlichkeit des Lehrers noch »die konkreten, individuellen
Umstände dieses Einzelfalls« vollständig gewürdigt.
Nach
diesen eindeutigen Urteilen sah das Regierungspräsidium in Karlsruhe offenbar
keine andere Möglichkeit mehr, als Csaszkóczy jetzt doch einzustellen. »Dieser
Sieg zeigt, daß es sich lohnt, zu seinen Überzeugungen zu stehen«, sagte
Csaszkóczy zu junge Welt. »Insbesondere sollte es ein Signal für alle
Lehrerinnen und das Lehrer sein, sich nicht einschüchtern zu lassen.«