Junge Welt, 06.09.2007

 

Csaszkóczy darf unterrichten

Kulturministerium Baden-Württemberg gibt auf: Stellenangebot für Heidelberger Antifaschisten nach vier Jahren Berufsverbot. Von Peter Wolter

 

 

Nach fast vier Jahren Berufsver­bot für den Lehrer Michael Csaszkóczy hat das Land Baden-Württemberg aufgegeben: Der 37Jährige Antifaschist aus Heidelberg wird ab Montag als Lehrer an der Realschule in Eberbach am Neckar unterrichten. Er sei von seinem An­walt in seinem Urlaub in Kroatien per SMS von der Entscheidung un­terrichtet worden, sagte Csaszkóczy am Mittwoch im Gespräch mit JW; »Dieser Erfolg ist im wesentlichen der Solidarität all derjenigen zu ver­danken, die unermüdlich gegen mein Berufsverbot protestiert haben.«

Das Regierungspräsidium in Karlsruhe hatte sich jahrelang gegen die Einstellung Csaszkóczys gewehrt und mit zum Teil abenteuerlichen Argumenten versucht, seine Verfas­sungstreue in Frage zu stellen. Unter anderem wurde ihm vorgeworfen, ei-ne führende Rolle in der antifaschisti­schen Initiative Heidelberg gespielt zu haben. Auch soll er eine Demon­stration organisiert haben, die von der polizeilich genehmigten Wegstrecke abwich. Csaszkóczy wurde — wie sich herausstellte — jahrelang vorn Verfas­sungsschutz beobachtet.

Obwohl selbst das Regierungspräsi­dium Csaszkóczy bescheinigen muß­te, er habe »Zivilcourage und einen friedliebenden Charakter«, hatte das Karlsruher Verwaltungsgericht das Berufsverbot im Jahre 2004 zunächst bestätigt.

Versuche des Lehrers, in Hessen eine Anstellung zu bekommen, scheiterten an der dortigen Bürokratie, die ihn ebenfalls ablehnte. Nach mehreren weiteren Prozessen urteilte schließlich der Verwaltungsgerichts­hof Baden-Württemberg im März, das Berufsverbot sei rechtswidrig.

 

In der Urteilsbegründung hieß es u. a., der Senat könne nicht nachvollzie­hen, daß »die bloße Teilnahme an Ver­anstaltungen und Demonstrationen, die ersichtlich ebenso vom Grund­gesetz gedeckt ist wie die freie Mei­nungsäußerung, überhaupt erwähnt wird«. Anfang August legte das Ver­waltungsgericht Darmstadt nach, das über Csaszkóczys Nichteinstellung in Hessen zu befinden hatte. Das Ge­richt warf der zuständigen Behörde vor, »von einem unvollständig ermit­telten Sachverhalt« ausgegangen zu sein. Sie habe weder die Persönlich­keit des Lehrers noch »die konkreten, individuellen Umstände dieses Ein­zelfalls« vollständig gewürdigt.

Nach diesen eindeutigen Urtei­len sah das Regierungspräsidium in Karlsruhe offenbar keine andere Mög­lichkeit mehr, als Csaszkóczy jetzt doch einzustellen. »Dieser Sieg zeigt, daß es sich lohnt, zu seinen Überzeu­gungen zu stehen«, sagte Csaszkóczy zu junge Welt. »Insbesondere sollte es ein Signal für alle Lehrerinnen und das Lehrer sein, sich nicht einschüchtern zu lassen.«