Junge Welt vom 03. 08. 2004

Protestbriefe nach Stuttgart: Heidelberger machen sich für geschaßten Lehrer Michael Csaszkóczy stark

Hunderte protestieren gegen Berufsverbot

Stuttgart: 560 Unterschriften für den Lehrer Michael Csaszkóczy an baden-württembergisches Kultusministerium übergeben



Das Ministerium von Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) hat sich selbst offenbar mit der Weigerung, den Lehrer Michael Csaszkóczy in den Schuldienst zu übernehmen (jW berichtete zuletzt am 18. Mai), keinen guten Dienst erwiesen. Der Fall des 33jährigen Linken, der seit 1989 politisch aktiv ist und dem seit Dezember 2003 die Einstellung verweigert wird, erregte bundesweit Aufsehen. Am Montag nun haben vier Schülerinnen im baden-württembergischen Kultusministerium 560 Unterschriften gegen das Berufsverbotsverfahren abgegeben, die das Solidaritätskomitee gegen das Berufsverbot für Michael Csaszkóczy in den letzten Wochen gesammelt hat. Stefan Riedel vom Solikomitee sagte gegenüber jW, dabei habe der zuständige Ministeriumssprecher keinerlei Informationen über den Stand des Verfahrens gegeben.

Gegen das seit acht Monaten laufende Verfahren, in dem Csaszkóczy auch mitgeteilt wurde, daß er bereits seit mehr als zehn Jahren intensiv vom Verfassungsschutz beobachtet wird, hatten in den letzten Monaten verschiedene Gliederungen der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft und das Komitee für Grundrechte und Demokratie protestiert. Inzwischen kommen die Proteste auch aus dem Ausland, z. B. vom Institut C.G.T. Alsace d’Histoire Sociale. Die GEW Baden-Württemberg äußerte sich im Juni in einem Schreiben an die Kultusministerin empört darüber, daß es nach 20 Jahren wieder ein Berufsverbotsverfahren in dem Bundesland gibt.

Csaszkóczy hatte von Februar 2001 bis Juli 2002 den Vorbereitungsdienst an der Theodor-Heuss-Realschule in Heidelberg absolviert. Seitdem hofft er auf eine Einstellung, die ihm für den Februar 2004 im Schulamtsbezirk Heidelberg fest zugesagt worden war. Mitte Dezember 2003 wurde ihm jedoch vom Oberschulamt Karlsruhe mitgeteilt, das Innenministerium habe gegen seine Einstellung interveniert. Es bestünden Zweifel daran, daß er jederzeit Gewähr dafür biete, »voll für die freiheitlich-demokratische Grundordnung einzutreten«. Bei einer ersten Akteneinsicht am 3. März 2004 erfuhr Csaszkóczy, daß sich die bisher vorliegenden Erkenntnisse des Verfassungsschutzes vor allem auf die Anmeldung mehrerer Demonstrationen gegen Neonazis und deutsche Kriegseinsätze bezogen.

Ministerin Schavan hat sich Anfang Juni auf einer Wahlkampfveranstaltung in Heidelberg zum Fall Csaszkóczy geäußert: Der Mann sei über Jahre in einer Art und Weise in Erscheinung getreten, die bei der Mehrheit der Heidelberger Bürger auf Ablehnung stoße, erklärte sie. Zudem sei er Mitglied einer Gruppe, die sich nicht eindeutig von Gewalt distanziere.



Jana Frielinghaus

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