Frankfurter Rundschau 10.03.2006

Richter urteilen über Berufsverbot für Lehrer



Baden-Württemberg will Pädagogen nicht einstellen / Ministerien zweifeln Verfassungstreue an

Der Pädagoge Michael Csaszkóczy hat das Land Baden-Württemberg wegen "Berufsverbots" verklagt. Vom heutigen Freitag an befasst sich das Verwaltungsgericht Karlsruhe mit dem Fall. Csaszkóczy will Lehrer werden - und darf nicht.

Frankfurt a. M. · Für den Lehrerberuf hat Csaszkóczy studiert und ein Referendariat absolviert. Für seine Leistungen erhielt er gute Noten. Auch deshalb wollten die Schülerinnen und Schüler sowie die Lehrkräfte einer Realschule in Heidelberg den Pädagogen Csaszkóczy als Lehrer behalten.

Baden-Württemberg will den Pädagogen aber nicht einstellen. Kultus- und Innenministerium zweifeln seine Verfassungstreue an. Zu diesem Ergebnis kamen die Staatsschützer, nachdem sie Csaszkóczy zehn Jahre - bis 2002 - beobachtet hatten. Als Student zeigte er Jugendlichen Sehenswürdigkeiten aus dem Heidelberg der NS-Zeit, stritt für den Erhalt des Autonomen Zentrums und verfasste Artikel, in denen er schon mal den Kapitalismus kritisierte.

Was andernorts als gesellschaftliches Engagement durchgegangen wäre, reichte im Jahr 2004 dem Kultusministerium unter der Leitung von Annette Schavan (CDU, inzwischen Bundesbildungsministerin), um Csaszkóczy nicht in den Schuldienst zu übernehmen. Dieser Sicht der Dinge schloss sich Hessen im Herbst an und ließ den Bewerber abblitzen.

Breite Unterstützung

Von Anfang an unterstützt ein breites Bündnis aus linksalternativen Gruppen, Grünen, SPD sowie die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Csaszkóczy. Sie monieren, das Land wende den Radikalenerlass aus den 70er Jahren an. Damals zielte die SPD/FDP-Regierung Willy Brandts von 1972 an vor allem auf Lehrer und Postbeamte mit DKP-Mitgliedschaft. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte stufte das Berufsverbot als menschenrechtswidrig ein.

Das Bündnis fordert deshalb, Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) müsse Csaszkóczy unterrichten lassen. Das "Solikomitee gegen Berufsverbot" (www.gegen-berufsverbote.de) sammelte nach eigenen Angaben 10 000 Unterschriften gegen Berufsverbote und ruft für Samstag, 25. März, zu einer Demonstration in Karlsruhe auf.

Csaszkóczy selbst hofft nicht auf einen schnellen Erfolg. Selbst wenn ihm die Karlsruher Richter Recht gäben, sagt er, werde das Land in Revision gehen. Er selbst werde auch weitermachen, damit kein Lehramts-Student mehr Angst haben müsse vor den möglichen Folgen eines politischen Engagements. Er fühlt sich aber auch unwohl in seiner Rolle: "Es ist nicht schön, ein Staatsfeind zu sein."

Andreas Schwarzkopf