Linker Lehrer wird doch noch übernommen
Seit 2004 muss ein Lehrer um seinen Job kämpfen, weil die
Behörden an seiner Verfassungstreue
zweifeln. Jetzt geben die Behörden nach und
dem Pädagogen eine Stelle.
HEIDELBERG n Nach jahrelangem juristischen Tauziehen kann der von
Behörden als linksextrem eingestufte Heidelberger Lehrer Michael Csaszkoczy
wieder Kinder unterrichten: Kurz vor Beginn des neuen
Schuljahrs hat der Pädagoge ein Stellenangebot für eine Realschule in Eberbach
(Rhein-Neckar-Kreis) erhalten, wie ein Sprecher des Kultusministeriums
berichtete. Der Lehrer will die Stelle nach Angaben des
zuständigen Regierungspräsidiums Karlsruhe annehmen.
Weil sich Csaszkoczy in der „Antifaschistischen
Initiative Heidelberg” engagiert, hatten ihm das
Land Baden-Württemberg und später auch Hessen die
Beamtenlaufbahn verwehrt. Der Verfassungsschutz hatte die Antifa-Gruppe beobachtet
und als linksextrem eingestuft. Im August 2004 wurde Csaszkoczys
Bewerbung für den Schuldienst abgelehnt. Die „Antifa-Initiative”
stelle sich gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung und befürworte
Militanz, begründete die damalige Kultusministerin Annette Schavan (CDU) den
Rauswurf. Ein Jahr später scheiterte auch der Versuch des Lehrers, an
einer Schule im südhessischen Heppenheim unterzukommen.
Die fachliche Eignung des 37-Jährigen
wurde von den Behörden nicht angezweifelt, sein Referendariat hat der Lehrer
ohne Beanstandungen absolviert.
„Unser Einsatz gegen das letzte Berufsverbot
gegen einen Lehrer in Deutschland war erfolgreich”, sagte
gestern der Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung
und Wissenschaft, Rainer Dahlem. „Wir freuen uns, dass das Kultusministerium
endlich eingesehen hat, dass das Berufsverbot ein Rückfall in eine
unrühmliche Politik der 1970er Jahre war.”
In Heidelberg hatte sich eine Unterstützer-Initiative
für den abgelehnten Lehrer eingesetzt, Unterschriften wurden gesammelt und
auch eine Demonstration auf die Beine gestellt.
Zuerst abgeblitzt
Vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe war der Lehrer
mit seiner Klage auf Übernahme in den Schuldienst
zuerst noch gescheitert, vor dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
verbuchte Csaszkoczy dann einen Teilerfolg: Die Mannheimer Richter urteilten
im vergangenen März, dass dem Lehrer die Einstellung zu Unrecht verweigert
worden sei. Der pauschale Verdacht mangelnder Verfassungstreue rechtfertige
die Ablehnung nicht, die Behörde habe „bei ihrer ungünstigen Prognose
wesentliche Beurteilungselemente nicht hinreichend berücksichtigt”,
kritisierte der Verwaltungsgerichtshof.
Die Schulbehörde musste die Bewerbung des Lehrers für Geschichte,
Deutsch und Kunst nach dem Mannheimer Urteil erneut prüfen. „Man
hat sich an die Vorgaben des Urteils gehalten”, begründete der
Ministeriumssprecher in Stuttgart jetzt das Stellenangebot. Csaszkoczy
werde in das Angestelltenverhältnis übernommen. „Das ist immer so,
wenn die Einstellung außerhalb des regulären Verfahrens stattfindet.”
Der 37-Jährige habe aber „eine sichere Perspektive auf Verbeamtung”,
sagte der Sprecher. eb/Isw
BERUFSVERBOT / Michael Csaszkoczy darf endlich
unterrichten
Ruhigen Anfang
ermöglichen
Nicht nur sein Aussehen - Ringe übers ganze
Ohrläppchen, Piercings und ein lustiger Bart im freundlichen Gesicht - hebt
den Lehrer Michael Csaszkóczy aus der Masse heraus. Zum neuen Schuljahr kommt
der Heidelberger an die Eberbacher Realschule, damit endet ein jahrelanger
Rechtsstreit um seine Übernahme in den Schuldienst.
Nach jahrelangem juristischem Tauziehen darf
der 37-Jährige nun doch unterrichten. Weil er als links-
extrem eingestuft worden war, hatten ihm die Länder
Baden-Württemberg und später auch Hessen die Beamtenlaufbahn verwehrt und
dafür sein Engagement in der „Antifaschistischen Initiative Heidelberg” angeführt.
Dabei gilt Csaszkoczy als fähiger Pädagoge, hat seine Ausbildung mit guten
Noten abgeschlossen.
Realschulrektorin Regine Sattler-Streitberg
freut sich auf seine Unterstützung. Am Dienstag erst hat sie von der Zuteilung
seitens des Regierungspräsidiums erfahren. Csaszkoczys fachliche und
persönliche Qualifikation steht für sie außer Frage, seit sie ihn in seiner
Ausbildung in Heidelberg betreut hat. „Wir sind
hier sehr unaufgeregt”, sagte sie gestern Nachmittag der Eberbacher Zeitung. Sie will ihrem früheren Referendar
„die Chance geben, die jeder verdient hat” und will ihm einen ruhigen und
normalen Anfang an der Schule ermöglichen. Er hat mit seinen Studienfächern
Deutsch, Geschichte und Bildende Kunst genau das Profil, das zur Verstärkung
des Kollegiums benötigt wird. Im Lauf der kommenden Woche sollen die Verträge
unterschrieben werden, dann kann Csaszkoczy
als Lehrer an der Realschule anfangen.
Das Regierungspräsidium bestätigt, dass der
Realschullehrer das Einstellungsangebot für seinen Wunschort bekommen habe.
Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
(VGH) hatte im März entschieden, das Land habe dem Lehrer zu Unrecht die
Einstellung verweigert. Jahrelang hatte
sich das Regierungspräsidium Karlsruhe gegen die Einstellung des
Antifa-Aktivisten gewehrt und war damit bundesweit
auf Empörung gestoßen. Denn wirkliche Vergehen konnten ihm nie
nachgewiesen werden. „Die angeführten Vorfälle ergeben nicht das dem Kläger
unterstellte aktive Eintreten gegen die freiheitliche demokratische
Grundordnung und sind nicht geeignet,
Zweifel an seiner Verfassungstreue zu begründen”, zitierte Spiegel-online
gestern das VGH-Urteil. fb/dpa/lsw