Darmstädter Echo, 29.04.09

Lehrer bekommt Schadenersatz

 

Urteil - Genugtuung für Heidelberger, der wegen Gesinnung nicht eingestellt werden sollte

 

KARLSRUHE. Im jahrelangen Rechtsstreit um ein Berufsverbot gegen einen als linksextrem eingestuften Lehrer hat das Land Ba­den-Württemberg, eine weitere Niederlage einstecken müssen. Der Heidelberger Pädagoge Mi­chael Csaszkóczy erhält Schaden­ersatz in Höhe von 32 777 Euro, weil er wegen seiner politischen Einstellung nicht unterrichten durfte und rechtswidrig knapp drei Jahre lang kein Gehalt be­kam. Auch für entgangene staatli­che Ansprüche müsse der Steuer­zahler aufkommen, entschied das Landgericht Karlsruhe gestern.

 

Baden-Württemberg und Hes­sen hatten dem Achtunddreißig-jährigen zunächst die Beamten­laufbahn verwehrt, weil er sich einer linksextremistischen. Initia­tive engagiert. In Hessen hatte er versucht, an einer Schule in Hep­penheim unterzukommen.

 

Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim hatte das Berufsverbot im März 2007 aber für grundrechtswidrig erklärt. Die Richter verwiesen darauf, dass der Lehr­amtsbewerber sich in der Jugend­arbeit gegen rechte Gewalt enga­giere und in Heidelberg deshalb für die Verleihung der Bürgerme­daille für Zivilcourage vorgeschla­gen. worden war. Der Pädagoge war seit 1992 vom baden-württembergischen Verfassungs­schutz beobachtet worden; kon­krete Rechtsverstöße konnten ihm nicht nachgewiesen werden.

Csaszkóczy zeigte sich nach dem gestrigen Urteil erleichtert. „Wichtig war es vor allem zu zei­gen, dass sich das Land schuldhaft verhalten hat, sagte er. Bis heute habe sich kein Verantwort­licher bei ihm entschuldigt. Von einem souveränen Staat dürfte man allerdings so etwas wie eine Erklärung erwarten."

 

Eine weitere Klage gegen das Land Hessen sei gesetzlich nicht möglich, erklärte der' Lehrer. Er unterrichtet derzeit, in einer Realschule in Eberbach (Rhein-Ne­ckar-Kreis). Csaszkóczy hatte er­heblich mehr Schadenersatz .ge­fordert, doch schränkte die Zivil­kammer den Zeitraum für die Ent­schädigung ein. Unter anderem hätte er auch ohne Berufsverbot wahrscheinlich nur eine Teilzeit­stelle übernommen, weil er nach wie vor an seiner Doktorarbeit sit­ze. Auch einen Teil der Prozesskosten muss der Mann tragen.

 

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) nannte das Urteil Politikunterricht" für die baden-württembergische Lan­desregierung. Für sie sei es, pein­lich, wenn ein Gericht entschei­den müsse, dass sie anders den­kende Lehrerinnen und Lehrer auszuhalten haben; erklärte die GEW. Für Schulen in einer Demokratie sei das Selbstverständlichkeit. Das Kultusministerium in Stuttgart erklärte, man werde das Urteil prüfen und dann reagieren.

 

dpa/afp