Bietigheimer Zeitung, 03.08.2007
URTEIL / HESSISCHE SCHULBEHÖRDE MUSS BEWERBUNG ABERMALS ÜBERPRÜFEN
Kleine Chance für linken Lehramtsanwärter
Die Chancen des linken Lehrers Michael Csaszkóczy, doch in den Schuldienst übernommen zu werden, steigen. Auch in Hessen errang er vor Gericht einen Teilerfolg.
Das Land
Hessen hat nach einem Urteil einem als linksextrem eingestuften
Lehrer aus Heidelberg mit dem pauschalen Verdacht mangelnder
Verfassungstreue zu Unrecht die Einstellung verweigert. Deshalb muss
die Schulbehörde die Bewerbung des 37-jährigen Michael
Csaszkóczy erneut prüfen, entschied das
Verwaltungsgericht Darmstadt gestern. Dagegen lehnte das Gericht den
Antrag des Realschulpädagogen ab, das Land Hessen zu seiner
Einstellung zu verpflichten. "Der Dienstherr hat bei der
Entscheidung über eine Einstellung ein weites
Organisationsermessen", erklärte die Vorsitzende Richterin
Karin Wolski. Eine Berufung wurde nicht zugelassen. Das Urteil
entspricht weitgehend einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs
(VGH) Baden-Württemberg in Mannheim vom März.
Wie
zuvor Baden-Württemberg hatte Hessen dem Lehrer für
Deutsch, Kunst und Geschichte im September 2005 die Einstellung wegen
Zweifeln an seiner Verfassungstreue verweigert. Csaszkóczy
gehört der "Antifaschistischen Initiative Heidelberg"
(AIHD) an. Aus einem Auswahlverfahren der Martin-Buber-Schule im
südhessischen Heppenheim ist er als Bester hervorgegangen und
sollte einen Vertrag erhalten. "Einen Tag vor dem Schulbeginn
kam aber plötzlich ein Anruf aus dem Off, der vorbereitete
Vertrag verschwand in der Post", sagte Kläger-Anwalt Martin
Heiming. "Es ist dreist, von Verfassungstreue zu reden und sich
selbst solcher Methoden zu bedienen."
Regierungsoberrat
Carsten Vaupel erklärte die Nicht-Einstellung mit der
AIHD-Mitgliedschaft des Klägers. Die Gruppe überschreite
die Grenzen der legitimen Kritik am Staat und der freiheitlich
demokratischen Grundordnung. Daher sei der Lehrer nicht geeignet, in
das Beamtenverhältnis übernommen zu werden. Zudem habe er
Militanz ausdrücklich als "legitimes Mittel im Kampf um
Befreiung" bezeichnet. Die fachliche Eignung des Pädagogen
werde nicht angezweifelt.
Das Kultusministerium in Wiesbaden
kündigte an, es warte vor einer näheren Beurteilung des
Falles die Urteilsbegründung ab. In einer Stellungnahme heißt
es, das Ministerium sehe sich in der Pflicht, Kinder und Jugendliche
vor verfassungsfeindlichem Gedankengut - egal ob von rechts oder
links - zu schützen. Grundsätzlich müsse die
Verfassungstreue von Beamten gewährleistet sein. Die AIHD werde
vom Verfassungsschutz als verfassungsfeindlich eingestuft.
Der
Kläger-Anwalt warf dem Land vor, seinen Mandanten nie angehört
und keine Einzelfallprüfung vorgenommen zu haben, sondern nur
mit den Zielen der AIHD zu argumentieren. Das Gericht teilte diese
Auffassung: "Zweifel an der Verfassungstreue kann es nur auf
Grundlage einer Einzelfalluntersuchung geben", sagte die
Richterin. Csaszkóczy sagte zum Vorwurf, er habe sich für
Militanz ausgesprochen: "Es geht nicht um Gewalt. Militanz
heißt, kämpferisch für seine Überzeugung
einzustehen."
In Baden-Württemberg steht die
Entscheidung über die Einstellung in den Schuldienst ebenfalls
noch aus.
VON LSW