Erfolgreiche Demonstration
gegen Berufsverbote
Demonstration gegen
Berufsverbote und für Demokratie und Meinungsfreiheit wurde von
einem breiten Bündnis aus Gewerkschaften,
Menschenrechtsorganisationen sowie antifaschistischen Gruppen
getragen.
Rund 700 Menschen demonstrierten am Samstag,
dem 23. Oktober 2004 in Heidelberg gegen Berufsverbote und für
Demokratie und Meinungsfreiheit. Anlass war eine Entscheidung des
Kultusministeriums Baden-Württemberg, wonach dem Realschullehrer
Michael C. im August diesen Jahres die Einstellung in den Schuldienst
verweigert wurde, weil er in einer Antifaschistischen Initiative
mitarbeitet (b&w berichtete).
Im Namen der GEW hielt Ulrich
Karl, Bezirkspersonalratsvorsitzender der GEW Nordbaden, eine Rede,
die auf viel positive Resonanz stieß. b&w dokumentiert in
Auszügen den Redetext: Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
wir sind heute auf die Straße
gegangen, um ein Berufsverbot für Realschullehrer Michael
Csaszkóczy und Berufsverbote im Allgemeinen zu verhindern.
Nachdem die Regierung Brandt 1972 den Radikalenerlass installierte,
hat die GEW mit Berufsverboten viel Erfahrung gesammelt. Die Mehrzahl
der Betroffenen waren Lehrerinnen und Lehrer. Ich will hier nicht
verhehlen, dass es eine schwierige Diskussion war, bis unsere
Position unumstritten feststand:
Die GEW ist gegen Berufsverbote,
die nach unwürdiger Gesinnungsschnüffelei aufgrund von
Zweifeln an der Verfassungstreue verhängt werden. Jede und jeder
muss das Recht haben, auch im Beamtenstatus, seine demokratischen
Grundrechte uneingeschränkt wahrzunehmen, ohne von Repression
bedroht zu sein.
Die Regelanfrage beim Verfassungsschutz, die
früher bei jeder Einstellung erfolgte, und der Radikalenerlass
selbst wurden zu Beginn der neunziger Jahre abgeschafft. Das war die
Besiegelung der Niederlage der Landesregierung in der
Auseinandersetzung mit der Bewegung gegen die Berufsverbote. Diese
waren politisch nicht durchsetzbar und hatten vor den
Verwaltungsgerichten keinen Bestand.
Viele Kolleginnen und
Kollegen haben sich über Jahre, teilweise über ein
Jahrzehnt lang, gegen das ihnen drohende Berufsverbot gewehrt. Sie
haben mehr für die Demokratie in diesem Land getan als so
mancher Innen- oder Kultusminister. Ich bin ihnen heute noch dankbar
für ihren Mut, ihren Einsatz und ihr Durchhaltevermögen.
Man kann darüber spekulieren, warum gerade jetzt ein neues
Berufsverbot verhängt werden soll. Wie dem auch sei: Wir werden
nicht einmal ein einziges Berufsverbot zulassen.
Eine eher kurze
Lebensdauer möchte diesem Berufsverbotsversuch zubilligen, wer
die Antwort des Kultusministeriums auf eine Landtagsanfrage des
Abgeordneten Zeller liest. Seitenweise werden Texte der AIHD und
namentlich nicht genannter Redner der AIHD bei Kundgebungen zitiert.
Man muss das wirklich nicht alles mittragen, aber konkrete Vorwürfe
gegen den Kollegen Csaszkóczy werden nicht erhoben. Außerdem
wird völlig übersehen, dass Beamte ihren Amtseid nicht auf
die Marktwirtschaft, eine bestimmte Politik, Regierung oder Person
ableisten, sondern auf die Verfassung. Diese lässt ein ganz
breites Spektrum verschiedenster Meinungen zu!
Ich wage die
Prophezeiung, dass dieses Berufsverbot keinen Bestand haben wird.
Michael Csaszkóczy schreibt über sich selbst: ā€˛Sowohl
meine politische als auch pädagogische Grundhaltung würde
es mir verbieten, meine Stellung als Lehrer zur Indoktrination von
Schülerinnen und Schülern zu missbrauchen." Die GEW
ist der Auffassung, dass zur Demokratie erfolgreich nur erziehen
kann, wer für Schülerinnen und Schüler selbst als
Demokrat, als politischer Mensch erkennbar wird. Lehrkräfte
dürfen nicht indoktrinieren, wollen sie auch nicht. Aber ein
politisches Neutrum erzieht nicht zur Demokratie, sondern zur
politischen Enthaltsamkeit.
Die GEW steht zu unserer Demokratie
und zu den demokratischen Grundrechten. Sie steht deswegen auch zu
ihrem Mitglied Michael Csaszkoczy.
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Klage gegen Berufsverbot
Mit Schreiben vom 16.11.2004
lehnte das Oberschulamt den Widerspruch des Heidelberger
Realschullehrers Michael Csaszkóczy gegen das gegen ihn
verhängte Berufsverbot ab. Seit 1. Februar wird Csaszkóczy
aus politischen Gründen die Anstellung verweigert. Als Grund
wird seine Mitgliedschaft in der Antifaschistischen Initiative
Heidelberg (AIHD) genannt. Michael Csaszkóczy wird gegen diese
Maßnahme mit Unterstützung der GEW klagen. Somit werden
sich nun die Gerichte mit der Wiederbelebung der bundesdeutschen
Berufsverbotspraxis beschäftigen müssen. Diese war im Jahre
1995 schon einmal vom Europäischen Gerichtshof für
Menschenrechte als Verstoß gegen die Menschenrechtskonvention
gewertet worden (s. Bericht Demo S.37).
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beide
Artikel aus:
b&w
Dezember 2004
(Zeitschrift der
GEW Baden-Württemberg)--