Pressebericht in: Junge Welt, 14.03.2006
Gericht bestätigt Berufsverbot für Heidelberger Lehrer. Betroffener will trotz nicht zugelassener Revision durch alle Instanzen gehen. Protest von GEW und Bürgerrechtsorganisationen
Von Jana Frielinghaus
Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat am Montag das Berufsverbot für den Heidelberger Lehrer Michael Csaszkóczy bestätigt und damit dessen Klage gegen das Land Baden-Württemberg abgewiesen. Wegen seiner Mitgliedschaft in der angeblich verfassungsfeindlichen Antifaschistischen Initiative Heidelberg (AIHD) wird ihm seit Anfang 2004 die Übernahme in den baden-württembergischen Schuldienst verweigert.
Eine Gerichtssprecherin erklärte am Montag, eine Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts sei nicht zugelassen worden. Der Kläger könne dagegen nur mit einem Antrag auf Zulassung der Berufung beim Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg in Mannheim vorgehen. Die Urteilsbegründung will das Verwaltungsgericht in zwei Wochen veröffentlichen.
Der Vertreter des Landes, Detlef Brandner, hatte am Freitag in der Verhandlung erklärt, das Bekenntnis des Lehrers zur AIHD mache ihn als Beamten »untauglich«. Die Klage des Pädagogen hatte sich konkret gegen das Regierungspräsidium Karlsruhe gerichtet, das gemäß einem Beschluß des baden-württembergischen Kultusministeriums seine Einstellung verweigert hatte. Das Bundesland Hessen hat Csaszkóczy mittlerweile ebenfalls aus politischen Gründen eine Anstellung verwehrt (jW berichtete). Der Betroffene betonte in der Gerichtsverhandlung, es entspreche weder seinem politischen noch seinem pädagogischen Selbstverständnis, Schüler zu beeinflussen. Sein Anwalt Martin Heiming verwies darauf, daß die Arbeit seines Mandanten während der zweijährigen Referendariatszeit als »gut oder sehr gut« beurteilt wurde. Michael Csaszkóczy werde von Schülern und Eltern geschätzt.
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) erklärte am Montag, sie werde Csaszkóczy weiter unterstützen. Der hatte bereits vor der Karlsruher Entscheidung angekündigt, er werde notfalls den Weg durch alle Gerichtsinstanzen antreten. Rainer Dahlem, GEW-Landesvorsitzender in Baden-Württemberg, forderte in Stuttgart von Ministerpräsident Günther Oettinger und Kultusminister Helmut Rau »noch vor der Landtagswahl am 26. März eine klare Aussage«, ob sie die undemokratische und antiquierte Berufsverbotspraxis ihrer Amtsvorgänger weiter anwenden wollen.
Rolf Gössner, Prozeßbeobachter vom Komitee für Grundrechte und Demokratie, sagte nach der Urteilsverkündung, mit der Entscheidung werde ein falsches Signal gesetzt. Der baden-württembergische Europaabgeordnete der Linksfraktion (GUE/NGL), Tobias Pflüger, wies am Montag auf die zunehmende Absurdität des Vorgehens des Landes gegen den Lehrer hin, dem selbst in der Verhandlung Zivilcourage gegen Rechtsextremismus attestiert wurde, mit der andererseits das Berufsverbot faktisch begründet wird. Das Karlsruher Urteil manifestiere eine »massive Menschenrechtsverletzung« und sei ein Verstoß gegen den EU-Vertrag und die Europäische Menschenrechtskonvention, so Pflüger in einer Erklärung.
* 25. März, 12 Uhr, Kronenplatz, Karlsruhe: Demonstration gegen Berufsverbote