Rede von Naemi zur Demonstration gegen Berufsverbote und Radikalenerlass
am 23.10.2004 in Heidelberg
Ja, ich heiße Naemi, komme ursprünglich aus Eberbach, hier in der Nähe, bin aber in den Sommerferien umgezogen und gehe auch auf eine andere Schule. Damals, ja. und jetzt immer noch, habe ich mich dort auch so im Raum Neckartal und Odenwald gegen Nazis engagiert und war auch sonst antifaschistisch tätig; habe dadurch auch von dem Berufsverbot gegen Michael erfahren.
Und da ich ihn eben schon mal auf der Irak-Demo gesehen hatte und er mir auch mal beim antifaschistischen Straßenfest über den Weg gelaufen ist, hat mich das auf jeden Fall interessiert und natürlich auch geschockt. (Wobei ich zugeben muss, dass man mir das alles erst mal erklären musste, mit "Radikalenerlass" und "Berufsverboten" ... war ja auch vor meiner Geburt und eigentlich nicht mehr aktuell...) - Und dann habe ich mich daran erinnert weil er Lehrer ist, dass ich mal wegen irgendeiner vergessenen Hausaufgabe bei meinem Gemeinschaftskundelehrer unsere tolle Nationalhymne singen musste, gerade auch mit " Deutschland, Deutschland über alles..." und ich ziemlich Stress bekommen habe, weil ich mich geweigert habe.....
Ja, und da habe ich mich eben gefragt, wie es sein kann, dass man gezwungen wird, die erste Strophe der Nationalhymne zu singen und dagegen anscheinend gar nichts gemacht wird, es auch anscheinend ganz normal ist. Wie ein Lehrer, der nach den SchülerInnen im Unterricht nie etwas über seine politischen Ansichten gesagt hat, einfach so, den Beruf verweigert bekommt. Und es ja auch mich und meine Zukunft angeht, mal den Beruf wählen zu können, der mir liegt und der mir Spaß macht und man aber eine gewisse Einstellung braucht , um manche Ausüben zu können obwohl wir doch eigentlich in einer Demokratie leben und es ja wohl erlaubt sein müsste, seinen Beruf frei zu wählen..., eine eigene Meinung zu haben, was politische Dinge angeht, und es nicht als Vorwand gesehen werden darf, in irgendwelchen Dingen, sei es Beruf oder andere Dinge deswegen benachteiligt oder bevormundet zu werden
-Ich habe dann mal rumgefragt, was denn so dagegen unternommen wird und habe eben von ziemlich vielen Aktionen gehört, unter anderem eben auch von den gesammelten Unterschriften, die dann im Kultusministerium abgegeben werden sollten- und war dann froh, dass ich wenigstens einen kleinen Beitrag leisten kann und hab mich entschlossen, mit nach Stuttgart zu fahren und die Unterschritten dort abzugeben.... Das kam dann auch so und ich habe sie einer Abteilungsleiterin von Schavan übergeben, ja, der Pressesprecher war auch dabei, und ich war wohl doch ziemlich naiv und zu optimistisch, weil ich eigentlich gedacht habe, dass es schon wenigstens etwas gewertet wird, wenn sich Schülerinnen in den Sommerferien aufraffen und nach Stuttgart fahren, ich hab's auch wirklich mit Nachdruck übergeben, dass sie es bitte werten sollen und dass es uns wichtig ist. Tja, wohl leider ohne Erfolg.
Im Gegenteil: ein Vater einer Schülerin, die auch mitgefahren ist, und der uns eben begleitet hat. hat dann noch ein Ermittlungsverfahren reingedrückt bekommen. es soll da wohl eine Bannmeile geben: nur leider ist das überhaupt nicht gekennzeichnet, nach vorne hin ist alles offen und woher soll man das auch wissen...? Weil wir ein Foto mit einem Transpi gemacht haben wurde das als Kundgebung gewertet. (Schavan fand das wohl nicht so toll...)
Unsere Adressen wurden auch notiert und vor allem, in welche Schulen wir gehen, musste ein Polizist auf Anweisung "von oben" ermitteln. na ja, jedenfalls finde ich es einfach unerhört, dass die Regierung persönliche Ansichten oder Überzeugungen, hier geht es ja absolut um keine Straftat sondern nur um die GESINNUNG, als Grund nehmen, ihre Macht spielen zu lassen, wie es ihnen in den Kram passt, und dass sie eben Mittel anwenden, die, wie wir alle gehofft hatten, der Vergangenheit angehören und die jetzt wieder aktualisieren. Ich persönlich, gerade als Schülerin fand es sehr wichtig, dagegen etwas zu tun und zu unternehmen, und es ist auch wichtig, dass wir weiterhin uns dagegen stellen und den Scheiß nicht einfach so hinnehmen, den die Regierung mit uns machen will.