Redebeitrag von Michael Csaszkóczy bei der Demonstration gegen Berufsverboteam 23.10.2004



Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Genossinnen und Genossen,

zunächst einmal möchte ich Euch danken, dass Ihr so zahlreich zu dieser Demonstration erschienen seid. Es ist ein gutes Zeichen, dass sich gegen die Wiederbelebung der Berufsverbote ein so breites Bündnis zusammengefunden hat. Wenn wir wirklich diese antidemokratische und menschenverachtende Praxis stoppen wollen, werden wir dieses Bündnis brauchen und wir werden es noch verbreitern müssen.

Ihr könnt Euch vorstellen, dass es in meiner Situation gut tut, Solidarität und Unterstützung zu erfahren. Stellvertretend für viele andere möchte ich mich bei dem Heidelberger Solidaritätskomitee, bei der Roten Hilfe und bei der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft bedanken. Ich freue mich insbesondere, dass der Versuch nicht gelungen ist, uns in sogenannnte “böse extremistische Linke” und in “gute Demokraten aus der Mitte der Gesellschaft” zu spalten und dass hier radikale Linke, GewerkschafterInnen und Mitglieder von Menschenrechtsgruppen solidarisch zusammen stehen.

Ich weiß natürlich, dass es hier nur sehr um Rande um meine Person geht. Dem Verfassungsschutz, dem Innenministerium und dem Kultusministerium geht es um die Diskreditierung jeder wirklichen Opposition, um die Diffamierung jeder Bestrebung, die auf gesellschaftlichen Wandel gerichtet ist und vor allem um die Kriminalisierung aller Bewegungen, die nicht bereit sind, den Kapitalismus als Naturgesetz zu akzeptieren. Umgekehrt geht es in der Solidaritätsbewegung auch nicht in erster Linie um die Frage, ob ich persönlich jetzt an einer öffentlichen Schule Lehrer werden darf oder nicht, sondern darum zu verhindern, dass in dieser Gesellschaft ein Rückfall noch hinter die grundlegenden Prinzipien der bürgerlichen Demokratie stattfindet.

Frau Schavan hat mit ihrem Beschluss, mein Berufsverbot zu bestätigen mich ganz offiziell zum Staatsfeind erklärt. Von einer Frau, die nicht müde wird, den furchtbaren NS-Juristen Filbinger als Freund dieses Staates zu präsentieren – tatsächlich ein treuer Diener des Rechts im Nationalsozialismus wie in der BRD -, will ich das gerne als besondere Auszeichnung annehmen. Und so will ich diese Gelegenheit gene nutzen, mich auch hier wieder als renitent zu erweisen.

Tatsächlich misstraue ich einem Staat, der – wie in meinem Fall offen zugegeben – Oppositionelle über 15 Jahre hinweg vom Geheimdienst bespitzeln lässt, um später zuzuschlagen und ihre berufliche Existenz zu vernichten.

Tatsächlich kann ich mir etwas besseres vorstellen als eine Demokratie, die zentrale Machtbereiche – vor allem in der Wirtschaft – jeder gesellschaftlichen Kontrolle entzieht und die all diejenigen, die dies nicht akzeptieren wollen, zu “Feinden der Demokratie” erklärt.

Tatsächlich betrachte ich es nicht nur als legitim, sondern als notwendig, sich im Kampf gegen alte und neue Faschisten nicht auf die deutsche Polizei zu verlassen, sondern ihnen entschlossen entgegenzutreten.

Tatsächlich bin ich nicht bereit, deutsche Angriffskriege von den Verbrechen, die sie waren und sind, in 'humanitäre Operationen' umzulügen.

Besonders wurde mir von den Gesinnungsprüfern beim Oberschulamt vorgeworfen, dass ich nicht bereit war, mich von zwei Passagen aus dem Grundsatzpapier der Antifaschistischen Initiative Heidelberg zu distanzieren. Die erste besagt, dass die AIHD nicht davon ausgeht, dass sich auf parlamentarischem Weg etwas Grundlegendes an den herrschenden Unterdrückungsverhältnissen ändern wird. Tatsächlich halte ich es für falsch und gefährlich, sich im Kampf gegen Rassismus, Ausbeutung, Antisemitismus und Sexismus auf Parlamentsbeschlüsse zu verlassen.

Des weiteren wurde mir vorgeworfen, ich würde mich nicht ausreichend von Militanz distanzieren. Das Wort 'militant' bedeutet laut Duden “kämpferisch für seine Überzeugungen eintretend”. Ich bin froh, dass es beispielsweise gelungen ist, am vergangenen Wochenende durch solidarisches, entschlossenes Auftreten den geplanten Naziaufmarsch in Mannheim zu einem Debakel für die Faschisten werden zu lassen.

Beim Kampf gegen das Wiederbeleben der Berufsverbote geht es allerdings gar nicht darum, ob jemand meine politischen Positionen teilt oder nicht, ob er die Politik der AIHD ablehnt oder unterstützt. Es geht um die Frage, unter welchen Bedingungen wir alle – ganz unabhängig von der politischen Richtung, der wir uns verpflichtet fühlen - künftig Politik machen können. Es geht darum, ob die Einschüchterung und die Gesinnungsschnüffelei dem offenen und wachen Denken noch weitere Fesseln anlegen. Und es geht schließlich darum, ob der antidemokratische und antiemanzipatorische Geheimdienst, der der Verfassungsschutz ist, in diesem Land weiter sein Unwesen treiben, Nazis finanzieren und emanzipatorische Bestrebungen beschnüffeln und bedrohen kann.

Wir werden im Kampf gegen die Berufsverbote wie schon damals in den 70er Jahren einen langen Atem brauchen. So ermutigend diese Demonstration ist, sie kann nur der Anfang einer Bewegung sein.