Das Bundesinnenministerium erklärt am 21.Oktober 2012 die Daten, die der ‚Verfassungsschutz’ gesammelt hat, zur ‚geheimen Staatssache’ die auch dem zuständigen Gericht nicht zugänglich gemacht werden kann:
Bundesministerium
des Inneren
An
das Verwaltungsgericht Köln
Berlin
21.Oktober2013
Sehr
geehrter Herr Vorsitzender,
in dem oben genannten
verwaltungsgerichtlichen
Verfahren wird durch das Bundesministerium des Innern die Vorlage
einzelner
Bestandteile der prozessgegenständlichen Verwaltungsakte, zu deren
Vorlage das
dem Bundesministerium des Innern nachgeordnete Bundesamt für
Verfassungsschutz
(§ 2 Abs. 1 Satz 2 BVerfSchG) gemäß Beschluss des Gerichts vom 4.
Januar 2013
aufgefordert worden ist, verweigert und dementsprechend eine Sperrerklärung
gemäß § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO abgegeben.
Auf Grund einer Überprüfung der Verwaltungsvorgänge ist das Bundesministerium des Innern zu der Überzeugung gelangt, dass Teile der Akten geheimhaltungsbedürftig im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind. (...)
Verfassungsschutzakten
sind als solche nicht schon wegen ihres Wesens geheimhaltungsbedürftig
(vgl.
BVerwG, Urteil v. 19.08.1986 — 1 C 7/85, BVerwGE 75, 1 [14]). Wenn und soweit jedoch das
Bekanntwerden
ihres Inhalts dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten
würde
oder die Vorgänge nach einem Gesetz oder ihrem Wesen nach geheim
gehalten
werden müssen, sind sie geheimnisbelastet im Sinne des § 99 Abs. 1
Satz 2
VwGO.
1.
Nachteile
für das Wohl des Bundes oder eines Landes
Das
Wohl des Bundes oder eines Landes im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO
ist ein
ausfüllungsbedürftiger Rechtsbegriff, der alle verfassungsmäßig
legitimierten
öffentlichen Aufgaben umfasst, deren Erfüllung der Geheimhaltung
bedürfen. Der
Verfassungsschutz dient dem Schutz der freiheitlichen demokratischen
Grundordnung, des Bestandes und der Sicherheit des Bundes und der
Länder (§ 1
Abs. 1 BVerfSchG). Die notwendige Geheimhaltung der Informationen, die
Verfassungsschutzbehörden gewonnen haben, der Schutz ihrer
Informationsquellen, ihrer Arbeitsweise und ihrer
Vertraulichkeitszusagen an
Informanten berechtigen daher die oberste Aufsichtsbehörde zur
Verweigerung der
Aktenvorlage, wenn den Sicherheitsbehörden andernfalls durch eine
Offenlegung
die Erfüllung ihrer Aufgaben ein-schließlich der Zusammenarbeit mit
anderen Behörden
erschwert wird (BVerwG, Beschl.
v.
29.07.2002 — 2 AV 1/02, NVwZ 2002, 1249; Beschl. v. 13.11.2003 — 2 AV
3/02, NVwZ 2003, 348 [349]). Aber nicht nur die Wahrnehmung originär
bestandsschützender
öffentlicher Aufgaben im engeren Sinn kann bei andernfalls drohenden
Nachteilen
zur Verweigerung der Aktenvorlage berechtigen, sondern auch der Schutz
privater
Interessen (VG Weimar, Urt. v. 10.10.2001 — 6 K 386/01, ThürVBl. 2002,
93
[95]). Der Nachteil durch die Offenlegung von Informationen kann hier
in der Gefährdung
von Leben, Gesundheit oder Freiheit von Personen bestehen (BVerwG,
Urteil v.
19.08.1986 — 1 C 7/85, VerwGE 75, 1 [14]).
2.
Ihrem
Wesen nach geheime Vorgänge
Ihrem Wesen nach geheim zu halten sind Verwaltungsvorgänge insbesondere, soweit sie Namen dritter Personen enthalten und ihre Offenlegung daher das Persönlichkeitsrecht der namentlich genannten Personen verletzen würde. Der Einzelne ist durch Art. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG vor einer Verwendung und Weitergabe seiner persönlichen Daten geschützt, sofern diese Daten von einer Behörde erhoben und gespeichert worden sind. Die Offenlegung derartiger Daten gegenüber privaten Dritten ist allenfalls zulässig, wenn es zum Schutz höherrangiger Interessen unerlässlich ist (BVerwG, Beschl. v. 13.11.2003—2 AV 3/02, NVwZ 2003, 348 [349]).
§
99 Abs. 1 Satz 2 VwGO ermächtigt unter den dort genannten
Voraussetzungen die
oberste Aufsichtsbehörde zur Verweigerung der Vorlage der Akten,
verpflichtet
sie aber nicht dazu (BayVGH, Beschl. v. 16.05.2002 – G 02.1, BayVBI.
2002,
604). (...)
Abwägung
im konkreten Fall
Nach
Maßgabe der vorstehenden Ausführungen hat das Bundesministerium des
Innern als
oberste Aufsichtsbehörde bei jeder vorenthaltenen Information das von ihr
an
Hand der Akten überprüfte und festgestellte öffentliche Interesse an
deren Geheimhaltung
sowohl gegen das öffentliche Interesse an der von Amts wegen gebotenen
Sachverhaltsaufklärung als auch gegen das private Interesse des Klägers
an der
Durchsetzung seines Auskunftsanspruchs abgewogen. Es hat dabei alle
Aspekte des
Einzelfalles, namentlich die Aktualität der in Rede stehenden Angaben
und den
jeweiligen Grad einer möglichen Gefährdung für die zukünftige
Aufgabenerfüllung des BfV im Falle ihrer Offenlegung, die Folgen
der
Zurückhaltung dieser Aktenbestandteile für die gerichtliche
Sachverhaltsaufklärung als einem wesentlichen Element des
Rechtsstaatsprinzips
und die Individualinteressen des Klägers berücksichtigt.
Das Ergebnis der Abwägung: Der überwiegende Teil
der Akten
ist vor dem Gericht und dem Betroffenen geheim zu halten, weil bei
Bekanntwerden der VS-Akten das Wohl der Bundesrepublik gefährdet sei.
Siehe
dazu auch den folgenden weiteren Auszug aus der
Sperrerklärung.