Csaszkóczy vs. LfVS: Das LfVS insistiert auf seinen Praktiken

10.10.2014: Das Landesamt für Verfassungsschutz bestätigt, dass es nach eigenem Ermessen Daten ausgesucht hat, die es dem Gericht vorlegen will und andere, die es für nicht relevant hält. Darüber hinaus erklärt es, dass die linksextremistische Einstellung des Klägers schon aus seiner Klage gegen den Verfassungsschutz deutlich werde: Diesem Grundrechtsverletzungen zu unterstellen, sei eine bekannte Strategie von Linksextremisten. Ohne jeden Beleg behauptet der VS erneut ‚gewaltbefürwortende Äußerungen’ Csaszkóczys.

[Das LfVS antwortet auf den Schriftsatz vom 29.7.2014:]

zu 1.    Führung von Sachakten

Wie bereits in der Klageerwiderung vom 27. Mai 2014 dargestellt, führt das Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg (LfV) keine Personenakte zum Kläger. Auch eine mehrfache Wiederholung der gegenteiligen Behauptung durch den Kläger ändert daran nichts.

Verhaltensweisen von Einzelpersonen werden nach §§ 3 Abs. 2, 4 Abs. 1 S. 3 Landesverfassungsschutzgesetz (LVSG) nur dann beobachtet, wenn es sich um Bestrebungen handelt, die auf Anwendung von Gewalt gerichtet oder aufgrund ihrer Wirkungsweise geeignet sind, ein Schutzgut dieses Gesetzes erheblich zu beschädigen. Nach dieser Vorschrift werden lediglich die sog. „Einsamen Wölfe” beobachtet, die keinem Personenzusammenschluss angehören [...] Typische Beispiele hierfür sind islamistische Selbstmordattentäter oder etwa der norwegische Rechtsextremist Anders Behring Breivik [...] erartige Verhaltensweisen wurden und werden beim Kläger nicht festgestellt.

Im Rahmen der Beobachtung [von AIHD und Roter Hilfe] ist der Kläger auch mit gewaltbefürwortenden Äußerungen auffällig geworden. Diese Erkenntnisse werden, da der Kläger Angehöriger von beobachteten Personenzusammenschlüssen ist und kein Einzeltäter nach §§ 3, Abs. 2, 4 Abs. 1 S. 3 LVSG, in den Sachakten zu den jeweiligen Beobachtungsobjekten und nicht in einer Personenakte erfasst.

zu 2.    Speicherung von Erkenntnissen zum Kläger

Entgegen der Auffassung des Klägers werden Erkenntnisse aus Sachakten zu Personenzusammenschlüssen nicht „eher zufällig zusammenge­sammelt” [...] Als unwichtig bewertete Informationen werden schon aus Verhältnismäßigkeitsgründen nicht in Dateien gespeichert, sondern finden sich nur in den in Papierform geführten Sachakten, welche im Gegensatz zu den Dateien NADIS und IBA nicht automatisiert nach personenbezogenen oder sonstigen Daten auswertbar sind.

Zu den vom Kläger thematisierten Speicherungen zur Feststellung im Umfeld einer Hausbesetzung in Heidelberg am 9. Juli 2006, der Teilnahme am Ostermarsch am 2. April 2010 sowie der Teilnahme an einer Gegenkundgebung zu einer Demonstration der NPD am 1. Mai 2012 ist festzustellen, dass diese rechtmäßig erfolgt sind. Bei diesen Ereignissen traten u.a. Autonome auf, die zu den Beobachtungsobjekten des LfV gehören [...]

Auch die Inanspruchnahme grundgesetzlich geschützter Rechtspositionen, wie beispielsweise des Rechts auf Versammlungsfreiheit, steht dem gesetzlichen Auftrag des Verfassungsschutzes zur Informationssammlung über Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung nicht entgegen. Vielmehr ist gerade Kern des Auftrages, politische Aktivitäten extremistischer Gruppierungen zu beobachten. Dazu gehören selbstverständlich auch öffentlichkeitswirksame Versammlungen, wie Demonstrationen [...]

Bei beiden Aktivitäten [Teilname am Ostermarsch 2010 und einer Antifa-Demo am 1.5.2012] ist zu betonen, dass die Datenerfassung des Klägers nicht allein auf Grund seiner Teilnahme am Ostermarsch und der 1. Mai-Demonstration erfolgt. Der Verfassungsschutz erfasst selbstverständlich nicht alle Teilnehmer an Ostermärschen bzw. 1. Mai-Demonstrationen. An derartigen Demonstrationen nimmt regelmäßig auch eine Vielzahl nicht-extremistischer Gruppierungen, Parteien und politisch aktiver Bürgerinnen und Bürger teil, ohne dass sich der Verfassungsschutz hierfür interessieren müsste und dürfte. Aber an solchen Veranstaltungen beteiligen sich typischerweise eben auch linksextremistische Gruppen bzw. Mitglieder und Anhänger solcher Gruppen. Auch der Kläger ist in derartigen Gruppen aktiv, so dass die Teilnahmen des Klägers an den Demonstrationen in diesem Kontext zu sehen sind.

Linksextremisten betrachten sich selbst als die vom Staat bevorzugt ver­folgten Systemgegner, deren politische Aktionen — anders als die „poli­zeilich geschützten” öffentlichen Aktivitäten von Rechtsextremisten — kriminalisiert werden. Sie unterstellen, dass Aktivisten daran gehindert werden, von ihren Grundrechten Gebrauch zu machen. Diese Strategie wird auch vom Kläger in diesem Prozess verfolgt, in dem er vorträgt, er habe bei der Demonstration lediglich von seinem Grundrecht auf Versammlungsfreiheit Gebrauch gemacht. Dies geht jedoch fehl.

zu 3. bis 5. Beschränkung des Auskunftsanspruchs

[...]

zu 6.    Höchstspeicherfristen

Die Höchstspeicherfristen ergeben sich aus § 14 Abs. 3 LVSG. In Dateien gespeicherte personenbezogene Daten über Bestrebungen nach § 3 Abs. 2. S. 1 Nr. 1 LVSG, die ihre Ziele durch Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen verfolgen sowie über Bestrebungen nach § 3 Abs. 2. S. 1 Nr. 3 oder 4 LVSG sind spätestens nach fünfzehn Jahren, im Übrigen spätestens nach zehn Jahren ab der letzten gespeicherten Erkenntnis zu löschen. In § 3 Abs. 4 LVSG findet sich eine Regelung zum Umgang mit personenbezogenen Daten in Akten. Diese sieht lediglich eine Sperrung und keine Löschung vor, wenn die Speicherung unzulässig war.

Die gesetzlich vorgeschriebene regelmäßige Überprüfung im Sinne des § 14 Abs. 3 LVSG führt nicht zu einer Überprüfung der gesamten bis da-hin zu einer Person angefallenen Erkenntnisse, wenn aktuell angefallene Erkenntnisse den Lauf der Frist hemmen (§ 14 Abs. 3 S. 4 LVSG). Eine Überprüfung des vollständigen Datenbestandes erfolgt daher fünf bzw. zehn oder fünfzehn Jahre nach Speicherung der letzten relevanten Erkenntnis und nicht in Zeiträumen von drei bis vier Monaten, wie die Formulierung des Klägers, dass „in Abständen eine Sichtung des Datenbestandes” vorgenommen wird, nahe legt. Der Arbeitsaufwand anlässlich eines Auskunftsersuchens ist daher erheblich größer als im regelmäßigen Dienstbetrieb.