Mit Schreiben vom 22.02.2012 begründet Martin Heiming, der Anwalt Michael Csaszkóczys, die Klage gegen den Bescheid:
(...)
Die Klage wird wie folgt
begründet:
1.
Zwischen den Parteien ist nicht streitig, dass dem Kläger
gern. § 15 BVerfSchG gegen die Beklagte ein
Auskunftsanspruch zusteht. Teilweise wurde mit dem streitgegenständlichen
Bescheid Auskunft erteilt, allerdings nicht vollständig. Ergänzend wurde
Auskunft mit dem streitgegenständlichen Widerspruchsbescheid erteilt, aber
wiederum nicht vollständig.
Löschung bzw. Sperrung der
mitgeteilten und der nicht mitgeteilten Daten und Erkenntnisse wurde
vollständig verweigert.
2.
Es ist schon nicht
nachvollziehbar, dass die Erhebung der personenbezogenen Daten des Klägers
zulässigerweise erfolgt wäre.
Hierzu ist zunächst in
Erinnerung zu rufen, dass dem Kläger im Jahre 2003 durch das Kultusministerium
Baden-Württemberg der Eintritt in den Schuldienst verweigert wurde, weil er angeblich keine Gewähr dafür bot,
jederzeit für die freiheitlich demokratische Grundordndung einzutreten. In
diesem Zusammenhang wurden damals 17 Erkenntnisse des Landesamts für
Verfassungsschutz Baden-Württemberg verwendet, die teilweise identisch waren
mit den Daten, die die Beklagte erhoben hat. Der Kläger hat sich damals gerichtlich
gegen das Berufsverbot gewehrt. In zweiter Instanz hat der
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg im Jahre 2007
Anlage K3
das Berufsverbot
aufgehoben und das Land Baden-Württemberg verpflichtet, über die Einstellung
des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu
entscheiden. Die Rechtsauffassung des Gerichts war vor allem durch das
Befremden gekennzeichnet, dass die damals vorgelegten Erkenntnisse zur Person
des Klägers, die erkennbar durch sein Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt
gewesen seien, überhaupt Erwähnung finden konnten. Das Land Baden-Württemberg
hat den Kläger dann zum Schuljahr 2007/2008 als Realschullehrer
eingestellt. Er ist heute Beamter auf
Lebenszeit.
Schon aus dem damaligen
Urteil wird mithin deutlich, dass es unzulässig ist, dass die Beklagte
beispielsweise die Wahrnehmung des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung
dokumentiert und dadurch zu einer Verfassungsschutz-Erkenntnis umbewertet und
so geradezu ins Gegenteil verkehrt.
Völlig absurd erscheint es
dann, wenn nachfolgend Erkenntnisse erhoben und gespeichert werden über den
nicht nur gerichtlichen, sondern auch öffentlichen Kampf des Klägers gegen das
ungerechtfertigte Berufsverbot. Schaut man sich die streitgegenständlichen
Bescheide der Beklagten an, so werden aus den letzten Jahren ganz überwiegend
Erkenntnisse genau zu dem Thema 'Berufsverbot' befördert. Auch insoweit ist
wieder die Verkehrung ins Gegenteil festzustellen: Der Kläger denunziert
offensiv die rechtswidrige Anwendung von Art. 33 GG gegen seine Person — dies
wird als verfassungsfeindliche Bestrebung durch die Beklagte bewertet,
dokumentiert und festgehalten.
(...)
3.
Schließlich erschließt sich in keiner Weise, nach welchen Kriterien die Beklagte Auskunft erteilt oder nicht. Deutlich wird dies an den unterschiedlichen Mitteilungen einmal des streitgegenständlichen Bescheids und zum anderen des streitgegenständlichen Widerspruchsbescheids.
Beispiel: „Am 17.01.2009 nahm Ihr Mandant an einer 'antifaschistischen” Demonstration in Ludwigshafen teil" (vgl. Widerspruchsbescheid S. 2, dort genannt an 7. Stelle der zusätzlichen Mitteilungen). Abgesehen davon, dass hier auch wieder nicht klar wird, worin eigentlich der Erkenntniswert dieser Information besteht, ist nicht nachvollziehbar, warum diese Erkenntnis zuvor im streitgegenständlichen Bescheid zu den Erkenntnissen gehörte, die dem Kläger nicht mitgeteilt werden konnten/durften. Diese Erkenntnis gehört jedenfalls nicht zu denen, die erst nach Erlass des Ausgangsbescheids bekannt bzw. gespeichert wurden (vgl. Widerspruchsbescheid S.5).
4.
Die erkennbare Arbeitsweise der Beklagten ist schließlich zusätzlich geeignet, Zweifel an der Berechtigung zur Sammlung und Speicherung bestimmter Daten zu wecken.
Beispiel: Die Auskunftserteilung erst im Widerspruchsbescheid, betreffend die dort an 4. und 5. Stelle genannten Erkenntnisse (Blatt 2), wird damit erklärt, dass diese erst nach Erlass des Ausgangsbescheids gespeichert worden seien (Blatt 5). Bei diesen beiden Informationen handelt es sich einmal um das bereits erwähnte Urteil des VGH Baden-Württemberg vom März 2007 sowie einen Bericht von 'Spiegel Online' über dieses Urteil und die Einstellung des Klägers in den Schuldienst vom September 2007. Der Ausgangsbescheid ist am 23.12.2010 ergangen. Die Speicherung der genannten Erkenntnisse erfolgte mithin im Jahre 2011. Diese kann dann nicht damit erklärt werden, dass die Erkenntnisse der Beklagten erst 2011 bekannt wurden. Dieser Gedanke wäre angesichts der Natur der beiden in Rede stehenden Erkenntnisse abwegig. Dann stellt sich aber umso zwingender die Frage, warum — und natürlich auch wozu — gerade diese Erkenntnisse erst im Jahr 2011 zur Speicherung gelangten.
5.
Auch rechnerisch geben die
streitgegenständlichen Bescheide Anlass zu großen Fragezeichen. So wird im
Ausgangsbescheid (S. 2) mitgeteilt, dass drei weitere Informationen vorliegen
würden, die aus Sicherheitsgründen nicht mitgeteilt werden könnten. Im
Widerspruchsbescheid (S. 3) wird mitgeteilt, dass „irrtümlich” von drei
Informationen die Rede war, in Wahrheit seien es acht. Nun teilt aber der
Widerspruchsbescheid elf gegenüber dem Ausgangsbescheid neue Informationen mit,
von denen allerdings nur fünf (vgl. Blatt 5) erst jetzt mitgeteilt werden
konnten, weil sie erst nach Erlass des Ausgangsbescheids gespeichert worden
seien. Das bedeutet aber, dass sechs dieser elf Informationen im Grunde nicht
neu waren, sondern eben nur neu mitgeteilt wurden; sie lagen schon bei
Abfassung des Ausgangsbescheids vor. Sie wurden da geheim gehalten, so dass es zum
Zeitpunkt des Bescheids nicht drei Informationen waren, die verschwiegen
wurden, sondern sechs oder sogar neun. Der Widerspruchsbescheid spricht nun von
acht verschwiegenen Informationen im Bescheid, deren Mitteilung weiterhin
verweigert würde; gleichzeitig werden aber jedenfalls sechs alte Erkenntnisse
neu mitgeteilt, so dass im Bescheid weder drei noch acht, sondern (mindestens)
14 Informationen nicht mitgeteilt wurden!?
Heiming
Rechtsanwalt