07.02.2014: Michael Csaszkóczys Rechtsanwalt beantragt die Feststellung, dass die Verweigerung der Akteneinsicht durch das Bundesinnenministerium rechtswidrig ist. Selbst öffentlich abgedruckte Zeitungsartikel werden vom Innenministerium mit zum Teil unterschiedlichen Schwärzungen vorgelegt. Ein sogenanntes in-camera-Verfahren wird beantragt.
[Die Beklagte (das BfV) wurde verurteilt, die Akte Csaszkóczys vorzulegen. Aber:]
Mit Schreiben vom 21.10.2013 hat der dem Bundesamt für Verfassungsschutz übergeordnete Bundesinnenminister eine Sperrerklärung gemäß § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO abgegeben und die Sachakten zu diesem Verfahren überwiegend gar nicht, zum Teil geschwärzt und in wenigen Fällen Austauschblätter vorgelegt. Von der offensichtlich 1265 Blatt starken Akte sind damit etwa drei Viertel komplett gesperrt. Bei den vorgelegten Seiten handelt es sich weitgehend — vor dem Hintergrund der Aufgabenstellung des BfV - um wenig aussagekräftige Dokumente, wie z.B. ein amtsgerichtliches Urteil gegen den Kläger aus dem Jahre 1989, als dieser 19 Jahre alt war, Schriftsätze aus dem Berufsverbotsverfahren, das der Kläger in den Jahren 2003 bis 2007 gegen das Land Baden-Württemberg führen musste und Zeitungs- und Zeitschriftenartikel fast ausschließlich zu diesem Berufsverbotsverfahren, teilweise vom oder unter Beteiligung des Klägers selbst. Darunter findet sich auch das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg, mit dem das Berufsverbot für rechtswidrig erklärt wurde. Auch das Berufsverbot gegen den Kläger war auf Erkenntnisse des BfV gestützt gewesen. Die Richter des VGH erklärten sämtliche Erkenntnisse, auch in ihrer Gesamtheit, für irrelevant, um daraus eine Verfassungsuntreue des Klägers abzuleiten — mehr noch, sie äußerten ihr deutliches Befremden darüber, dass überhaupt Erkenntnisse gesammelt wurden über Vorgänge, bei denen der Kläger lediglich seine Grundrechte in Anspruch genommen hatte (Meinungsfreiheit, Versammlungsfreiheit etc.).
[... Die Sperrerklärung ist nach unserer Ansicht rechtswidrig, schon weil]
Soweit die Akten bisher vorgelegt wurden und soweit sie lesbar sind, lässt sich erkennen, dass fast ausschließlich Dinge gesammelt wurden, die mit dem früheren Berufsverbot im Zusammenhang stehen. Es kann aber nicht sein, dass die Beklagte Erkenntnisse sammelt und speichert, die lediglich Kritik an staatlichem Handeln widerspiegeln, sogar [...] an rechtswidrigem staatlichen Handeln [...]. Dies gilt natürlich erst recht für all die Erkenntnisse der früheren Vergangenheit, deren Belanglosigkeit schon der VGH Baden-Württemberg festgestellt hat.
[Zu einer ähnlichen Einschätzung ist auch der Bundesdatenschutzbeauftragte gekommen; ein weiterer Grund, an guten Gründen für die Sperrerklärung zu zweifeln, ist die Willkürlichkeit der Sperrungen:]
Die Befürchtung [das BfV schwärze nur, um den Erfolg der Klage zu vereiteln] ergibt sich zudem beispielhaft daraus, dass nicht nachvollziehbare Schwärzungen vorgenommen wurden: Auf Blatt 621 f. findet sich eine AP-Agenturmeldung vom 05.09.2007, also ein öffentlicher Text, in dem auf der zweiten Seite zwei Sätze teilweise geschwärzt sind?! Auf Blatt 784 ff. findet sich ein — ebenfalls veröffentlichtes — Interview mit dem Kläger aus der Zeitung Jungle World vom 17.07.2008. Auf Seite 2 des Interviews sind zwei Antworten des Klägers komplett geschwärzt?! Hier ist zusätzlich bemerkenswert, dass sich dasselbe Interview auf Blatt 793 ff. erneut findet, überraschenderweise mit anderen Schwärzungen, was nun wirklich jeder Nachvollziehbarkeit entbehrt.
Daraus wäre nach Ansicht des Klägers abschließend der allgemeine Satz abzuleiten, dass behördliche Akten umso weniger gesperrt werden dürfen, je höher die Wahrscheinlichkeit für ein rechtswidriges behördliches Handeln einzuschätzen ist. Letzteres ist, wie ausführlich dargelegt, vorliegend der Fall.
Heiming, Rechtsanwalt